Mut oder Populismus

"Eine milliarden-teure Frühverrentung ist der falsche Weg": Anja Timmermann über die Debatte um die Rente mit 67.
von  Abendzeitung

"Eine milliarden-teure Frühverrentung ist der falsche Weg": Anja Timmermann über die Debatte um die Rente mit 67.

Ach, SPD. Mit den Forderungen zur Verwässerung der Rente mit 67 verramschen die Sozialdemokraten wieder ein Stück vom Erbe Müntefering/Schröder. Nicht, dass alles daran grandios war. Aber die Rente mit 67 stand für den Mut, auch Unbeliebtes durchzusetzen, wenn man es als richtig erkannt hat. Was die SPD jetzt tut, steht für kurzsichtigen Populismus.

Kurzsichtig, weil es zum Beispiel im Fall Teilrente nicht zu Ende gedacht ist und den Betroffenen mehr schaden als nutzen würde. Denn die Teilrente in der vorgeschlagenen Form führt dazu, dass die Bezieher für ihre Arbeitgeber drastisch teurer werden, weil die Firmen den Ausgleich aller Rentenabschläge übernehmen müssen – dann versuchen sie doch erst recht, sie loszuwerden.

Aber Hauptsache, man stellt hübsche Forderungen nach Wohltaten auf. Sie kommen zwar eh nicht, aber das gehört zum Konzept: Dann hat nämlich der Regierungspartner die undankbare Rolle, die Wohltaten abzulehnen (auch ein gern gespieltes Spielchen der CSU).

Natürlich muss man Lösungen finden für Menschen in stark belastenden Berufen, die wirklich nicht mehr können. Aber eine milliardenteure Frühverrentung von erfahrenen Fachkräften ist der falsche Weg – und eigentlich war diese Erkenntnis schon mal halbwegs akzeptiert. Viel sinnvoller und dringender, als Geld dafür zu verpulvern, dass Hunderttausende aus dem Arbeitmarkt herausgenommen werden, wäre es, dafür zu sorgen, dass möglichst viele bis 67 wirklich einen Arbeitsplatz haben.

Die Autorin ist Politik-Redakteurin der AZ

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