Mogelpackungen: Darf’s etwas weniger sein?

Wenn Lebensmittel teurer werden, ist das ärgerlich genug. Richtig sauer aber werden viele Verbraucher über versteckte Preiserhöhungen. Jetzt werden die Konzerne sogar noch dreister ...
von  Abendzeitung
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MÜNCHEN - Wenn Lebensmittel teurer werden, ist das ärgerlich genug. Richtig sauer aber werden viele Verbraucher über versteckte Preiserhöhungen. Jetzt werden die Konzerne sogar noch dreister ...

Die Füllmenge wird verringert, der Preis wird nicht entsprechend angepasst. Seit Jahren ärgert das die Kunden. Zu Recht, denn versteckte Preiserhöhungen von bis zu 93,5 Prozent sind dem Kunden gegenüber nicht fair. Doch die Unternehmen werden immer dreister. Jetzt hat die Verbraucherzentrale Hamburg Produkte entdeckt, bei denen schon zum zweiten mal der Trick „Weniger drin - Preis gleich“ angewendet wurde. Die AZ erklärt, worauf Sie achten müssen.

Spiel mit falschen Karten: Doppelt geschummelt hat der Hersteller Procter & Gamble bei den Pringels Chips. Innerhalb von vier Jahren hat er die Füllmenge von 200 Gramm über 170 Gramm auf aktuell 165 Gramm reduziert. Der Preis blieb entweder gleich oder stieg bei einigen Händlern sogar von 1,59 Euro auf 1,99 Euro. Auch Marken wie Nivea oder Calgonit mogeln gerne, denn auch bei diesen Produkten wurden wiederholt Preissteigerungen entdeckt. „Die Anbieter setzen mit dieser Masche das Vertrauen der Verbraucher aufs Spiel“, so die Verbraucherzentrale.

Neuheit aus der Trickkiste: Es gibt auch Produkte, deren Füllmenge zwar erhöht wird, der Preis dazu aber überproportional steigt. Ein Beispiel, ist das Spülmittel ultra Palmolive in 600-Milliliter-Packungen, statt wie bisher mit 500 Milliliter. Es wird mit „Neu + 20 Prozent mehr Inhalt“ geworben. Der Preis stieg bei Rossmann von 0,85 Euro auf 1,65 Euro, eine Preiserhöhung von 62 Prozent.

Die leichte Masche: „Weniger drin, Preis gleich“. Die Masche funktioniert ganz einfach. Die Kunden haben sich an den Preis eines bestimmten Produktes gewöhnt, sagen wir 2,99 Euro. Würde man das Produkt jetzt einfach auf einen Preis von 3,50 Euro erhöhen, würde der Kunde das Produkt nicht mehr kaufen. Der Hersteller trickst den Kunden also aus: Für den gleichen Preis bietet er das Produkt mit weniger Inhalt an. Der Kunde bekommt trotzdem weniger für sein Geld und merkt es häufig nicht einmal.

EU-Lizenz zum Mogeln: Einen gewissen Schutz vor solchen Mogelpackungen, hatte man bis April 2009, denn bis dahin waren für einige Produkte Verpackungsgrößen vorgeschrieben. Milch durfte nur in Halb- und Ein-Liter Packungen verkauft werden. Seit 2009 sorgt eine EU-Richtlinie dafür, dass fast alle verbindlichen Mengenvorgaben für Lebensmittel entfallen. Beispielsweise für Milch, Wasser, Limonade, Säfte, Zucker und Schokolade. Feste Nennfüllungen gibt es noch bei Wein, Sekt und Spirituosen.

Dreiste Ausreden: „Bei der Umstellung haben wir uns – basierend auf intensiven Befragungen – voll und ganz an den Wünschen und Bedürfnissen der Verbraucher orientiert. Es hat sich gezeigt, dass die Mehrheit der Konsumenten eine Mengenreduzierung einer Preiserhöhung vorzieht“, so der Hersteller Mars. „Diese Antwort besitzt ihre eigene Logik, denn eine ,Mengenreduzierung’ bei gleichem Preis ist trotzdem eine Preiserhöhung“, so die Verbraucherzentrale. Andere Ausreden sind der Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise.

Dürfen die Hersteller mogeln? Preiserhöhungen sind legal, hier gilt Vertragsfreiheit. Mogelpackungen hingegen sind gesetzeswidrig. Doch was juristisch darunter fällt, ist oft schwer einzuordnen. Die Verbraucherzentrale hofft, dass mehr Kunden ihrem Ärger Luft machen und die Hersteller Angst bekommen, angeprangert zu werden. „Der Kunde selbst kann Politik mit dem Einkaufszettel machen und zu einem Konkurrenzprodukt greifen“, so Armin Valet von der Verbraucherzentrale. Simone Schellmann

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