Interview

Mittelstandsprecher von Michel: "Alles, was die Wirtschaft ausbremst, ist schädlich"

Die Regierung habe noch immer kein strategisches Konzept, klagt der BVMW Bayern. Womit die Mittelständler besonders kämpfen.
Julia Sextl
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Das Coronavirus hindert dieses Jahr viele Menschen am Weihnachtsbummel. (Symbolbild)
Das Coronavirus hindert dieses Jahr viele Menschen am Weihnachtsbummel. (Symbolbild) © imago images/Ralph Peters

München - Achim von Michel (52) ist der Landesbeauftragte Politik des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft BVMW Bayern.

AZ: Herr von Michel, Ihr Verband, der BVMW Bayern, hat die Maßnahmen-Verschärfungen der Bayerischen Staatsregierung jüngst "Symbolpolitik" genannt, mit der sich "Corona nicht besiegen lasse". Was genau läuft falsch?
ACHIM VON MICHEL: Wir reden über fast nichts anderes mehr als Maßnahmen. Dabei findet gleichzeitig der Brexit statt, es gibt ein neues asiatisch-pazifisches Handelsabkommen, es hat gerade ein großes Thema zur Aufstockung der Innovationsförderung im Mittelstand gegeben - das alles wird nur noch am Rande erwähnt, weil gerade eine große Inszenierung diverser Politiker abläuft über Verschärfungen und Nachschärfungen der Verschärfungen, obwohl die alten noch nicht einmal in Kraft sind.

Achim von Michel (52) ist der Landesbeauftragte Politik des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft BVMW Bayern.
Achim von Michel (52) ist der Landesbeauftragte Politik des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft BVMW Bayern. © privat

Corona-Maßnahmen: Einheitlicher Stufenplan für ganz Deutschland

Was fordern Sie?
Es gibt momentan zwei Varianten. Die eine ist ein einheitlicher Stufenplan für ganz Deutschland mit klar definierten Regeln. Dann könnten wir endlich aufhören zu diskutieren und diese Maßnahmen immer dann anwenden, wenn bestimmte Fälle eintreten. Unternehmer und Veranstalter mit wirklich guten Hygienekonzepten wüssten dann schon im Vorfeld, bis wann sie etwas stattfinden lassen können.

Und die andere Variante?
Die wäre, dass man sich die vulnerablen Gruppen nochmal ansieht. Die Landrätin aus Regen beispielsweise hat deutlich gesagt, dass Alten- und Pflegeheime, Behinderteneinrichtungen und Kliniken besonders betroffen sind. Dass wir für diese Bereiche flächendeckend mindestens FFP2-Masken brauchen, ist absolut überfällig.

Der BVMW hat eine Blitzumfrage zur Corona-Politik der Bundesregierung gemacht. Was kam dabei heraus?
Dass 42 Prozent unserer Mitglieder damit unzufrieden sind. Sie muss dringend korrigiert werden. Wir können uns so nicht weiter durch den ganzen Winter robben. Es geht in der Wirtschaft um Planbarkeit. Wenn aber Herr Söder jeden Tag wieder etwas Neues verkünden kann, dann wird es halt schwierig für Unternehmer.

Als Vertreter der Mittelständler sucht Ihr Verband ja auch das Gespräch zur Politik. Warum, glauben Sie, werden Ihre Vorschläge nicht umgesetzt?
Wir können nicht mehr tun als drauf hinzuweisen. Und wir sind als Wirtschaftsverband auch ein bisschen ausgehebelt, weil die Wirtschaft ja nicht komplett stillsteht – sie darf ja in weiten Teilen weiter arbeiten. Dafür trifft es bestimmte Branchen umso härter. Ich könnte mir aber vorstellen, dass die Bundeskanzlerin vielleicht sogar die Erste wäre, die so etwas umsetzen würde. Aber sie hat gleichzeitig 16 Landesfürsten vor sich, die sich zum Teil innerhalb der Union profilieren wollen. Föderalismus schön und gut, ich halte das nicht für den richtigen Weg. In dem Zusammenhang stellt sich auch die wichtige Frage: Warum verläuft die Pandemie in den asiatischen Ländern ganz anders? Weil die knallharte Lockdowns verhängt haben und seitdem testen, testen, testen.

Bald wird geimpft . . .
Ich glaube allerdings nicht, dass damit wieder alles großartig wird. Wir werden schon auch an den Punkt kommen müssen, uns zu fragen: Wie wollen wir weiter vorgehen? Denn uns wird das Geld ausgehen. Wir können das alles nicht ewig weiter finanzieren. Und es geht auch noch um etwas anderes: Was meinen Sie, wie es den Unternehmern damit geht? Wir haben hier Menschen, die sich den ganzen Sommer über riesige Gedanken über Hygienekonzepte gemacht haben, eine Menge Geld investiert haben. Denen wird von der Politik jetzt gesagt: Tja, das hast du zwar gemacht, aber das interessiert uns jetzt nicht.

Novemberhilfen immer noch nicht angekommen

Hat die Politik hier im Vorfeld schlecht kommuniziert?
Es ist eben eine Frage des strategischen Konzeptes - und ein solches gibt es nach wie vor nicht. Auch das Thema Novemberhilfen ist so ein klassischer Punkt, was Ehrlichkeit angeht: Erst hieß es, wir haben jetzt Novemberhilfen, alles wird gut. Und später wurde dann irgendwann nachgeschoben, dass man die bei der EU erst noch genehmigen lassen muss. Das hat man am Anfang nicht erzählt. Aber die Leute verlassen sich doch darauf! Jetzt fehlt zur Auszahlung plötzlich eine Software, die im Januar kommen soll.

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Was halten Sie eigentlich von der Forderung nach Betriebsferien ab Weihnachten?
Alles, was die Wirtschaft ausbremst, ist schädlich. Wenn Homeoffice oder genug Abstand machbar sind, warum dann schließen? Und die Busse und Bahnen werden sicher leerer sein in der Zeit.

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