Mit der Kasse sparen
BERLIN - Steuerzahler können ihre Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung künftig fast komplett absetzen. Das kann je nach eigenem Einkommen bis zu gut 1200 Euro jährlich bringen.
Ansehnliche Entlastung für den Bürger: Gesetzlich Versicherte können künftig fast ihre gesamten Krankenkassen- und Pflegebeiträge von der Steuer absetzen. Der Staat erlässt mit dem „Bürgerenlastungsgesetz“ den Steuerzahlern damit insgesamt rund neun Milliarden Euro. Für den Einzelnen sind es bis zu 100 Euro im Monat.
Warum jetzt das neue Gesetz? Das Bundesverfassunsgericht hat im März die alten Abzugsregeln gekippt und eine Neuregelung bis 2010 gefordert: Eine Krankenversicherung gehöre zum Existenzminimum. Allerdings gab es keine Vorschriften über die Höhe der Freibeträge. Jetzt kommt Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) den Bürgern weit entgegen. Im Gespräch war auch, dass die Beiträge zu einem Drittel absetzbar sind. Nun ist es fast die volle Summe.
Was steht genau drin? Der Referentenentwurf, der der AZ vorliegt, legt fest, dass man 96 Prozent der Kassen- und 100 Prozent der Pflegebeiträge absetzen kann. Die fehlenden vier Prozent bei der Krankenkasse werden mit dem Krankentagegeld begründet. Das gehöre nicht zum Existenzminimum. Das bedeutet eine Verdreifachung der Freibeträge: Derzeit liegt der maximale Abzugsbetrag bei 1500 Euro jährlich. Künftig gilt keine Obergrenze, sondern jene einzelnen Prozentwerte. Sie ergeben bei Gutverdienern ein Volumen von gut 4600 Euro.
Was heißt das für den Einzelnen? Die Ersparnis ergibt sich erstens aus dem Betrag, den man an seine Kasse zahlt, also ab Januar den Arbeitnehmer-Anteil von 8,2 Prozent des Gehalts. Zweitens hängt sie ab von der Höhe des persönlichen Steuersatzes. Je nach Gehaltsklasse liegt die Entlastung bei 400 bis über 1000 Euro im Jahr (siehe auch Kasten). Wer mehr als die Beitragsbemessungsgrenze von 3675 Euro im Monat verdient, spart nach Berechnungen des Steuerzahlerbundes 102,75 Euro netto im Monat. Bei einem Brutto-Verdienst von 1500 Euro sind es 10,60 Euro.
Wie sicher kommt das? Der Referentenentwurf wird nun an die anderen Ministerien verschickt, so ein Sprecher des Finanzministeriums zur AZ. Da kann es noch Änderungen geben. Die Summen werden sich aber wohl nicht mehr zum Schlechteren ändern. Wenn der Finanzminister schonmal spendabel ist, wird kaum Widerspruch erwartet. Offen ist noch der Termin: Im Entwurf steht 1. Januar 2010. Teile der Regierung erwägen, die Entlastung als kleines Konjunkturprogramm vorzuziehen.
Und was ist mit Privatversicherten? Auch für sie gelten die von Karlsruhe verfügten Regeln: Sie können ihre Prämien – und die für Frau und Kinder – bis zur Höhe des neuen Basistarifs der PKV-Kassen absetzen (2009 rund 550 Euro im Monat). Nicht abzugsfähig sind darüberhinausgehende Beiträge etwa für Chefarztbehandlung oder Einbettzimmer. Sie gehören nicht zum Existenzminimum. <</p>
Anja Timmermann
So hoch ist die Entlastung
Der Bund der Steuerzahler in Bayern hat für die AZ berechnet, wie stark ein Einzelner von dem neuen Gesetz profitiert. Angenommen wird ein lediger Arbeitnehmer. Für 2008 wird der aktuelle Durchschnittssatz der Krankenkassen berechnet, für die neuen Werte der Einheitssatz zum Gesundheitsfonds.
So sieht es nach Gehaltsklassen aus:
Jahresbrutto 18.000 Euro: Bisher konnte er 1500 Euro abziehen, künftig die tatsächlichen Beiträge in Höhe von 1890 Euro. Die Differenz von 390 Euro ergibt bei ihm eine Netto-Entlastung von 127 Euro im Jahr.
Jahresbrutto 30.000 Euro: Bisher konnten 1500 Euro abgezogen werden, jetzt die gesamten gezahlten 3149 Euro. Die Differenz sind 1649 Euro. Macht 543 Euro mehr in der Tasche.
Jahresbrutto 44.100 Euro: Das ist die Beitragsbemessungsgrenze; das heißt, die Zahlen gelten auch für alle, die mehr als das verdienen. Bisherige Abzüge: 1500 Euro. Künftige Abzüge: 4629 Euro. Differenz: 3129 Euro. Bleiben netto mehr beim Bürger: 1233 Euro im Jahr, also 102,75 im Monat.
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