Mit allen Tricks wird an der Preisschraube gedreht

MÜNCHEN - Höhere Kosten belasten den Handel. 2011 will er Preissteigerungen im Laden durchsetzen. Mit welchen Tricks der Handel dies zu kaschieren will lesen sie hier.
Es wirkt, als würde die Einzelhandels-Branche versuchen, sich selbst am Schopf aus der Misere zu ziehen. Sowohl bei Lebensmitteln, als auch bei Textilien und Elektroartikeln stehen im nächsten Jahr Preissteigerungen an, sagen Handelsexperten voraus. Bisher hatte der Handel wiederholt höhere Preise angekündigt, sie wegen dem Konkurrenzkampf aber nur bei wirklich hochwertigen Artikeln durchsetzen können.
Beispiel Textilien: Im vergangenen Jahrzehnt lebten die Verbraucher in Deutschland verglichen mit dem Ausland in der besten aller Welten. Neue preisaggressive Wettbewerber wie H&M und die Verlagerung großer Teile der Produktion nach Asien sorgten nicht nur für Preisstabilität. Das Einkaufen wurde tatsächlich billiger. Doch jetzt scheint der Traum ausgeträumt. „Die Zeiten fallender Preise sind vorbei“, meint Boris Planer vom Marktforschungsinstitut PlanetRetail. Allein der Preis für Baumwolle habe sich im vergangenen Jahr verdoppelt. Auch die Lohnkosten in Asien und die Kosten für den Transport würden steigen. Ähnliches sagten der Chef des Versandhausriesen Otto, Hans-Otto Schrader, und H&M-Chef Karl-Johan Persson.
Auch der Geschäftsführer des Elektronikanbieters Expert, Volker Müller, berichtet von steigenden Rohstoff- und Transportkosten. Boris Planer von Planet Retail rechnet deswegen auch für diese Branche mit Preissteigerungen, genauso wie für den Lebensmittelhandel.
Weil offene Preissteigerungen im Lebensmittel-Einzelhandel schwer durchzusetzen sind, greifen die Anbieter zu mehr oder minder seriösen Tricks, berichtet die Verbraucherzentrale Hamburg. Besonders beliebt sei die Methode „gleicher Preis, aber weniger Inhalt". So verringerte sich das Gewicht einer Markenseife innerhalb der vergangenen drei Jahre schrittweise von 150 Gramm auf 100 Gramm. Bei Kartoffelchips senkte ein Markenhersteller die Füllmenge allmählich von 200 auf 165 Gramm. Eine weitere Methode: „Mehr drin, aber übermäßig teurer“. „Es wird damit geworben, dass 20 Prozent mehr Inhalt in der Packung sind. Aber es steht nicht dabei, dass der Preis um 60 Prozent gestiegen ist“, berichtet Verbraucherschützer Armin Valet.
„Immer, wenn irgendwo ,neu’ draufsteht oder ,verbesserte Rezeptur’, müssen die Verbraucher misstrauisch sein. Das könnte benutzt werden, um versteckte Preiserhöhungen durchzusetzen“, rät er. Verdächtig sei es auch, wenn plötzlich ungewohnte Packungsgrößen auftauchten. Dann helfe häufig nur ein Blick auf den Grundpreis.