Milchpreis macht Bauern sauer

Sie wollen mehr Geld für ihr Produkt. Deshalb haben in manchen Regionen bis zu 80 Prozent der Landwirte ihre Lieferungen eingestellt. Die Aktion könnte so lange dauern, bis die Regale in den Supermärkten leer sind.
von  Abendzeitung
Noch sind die Märkte versorgt
Noch sind die Märkte versorgt © AP

Sie wollen mehr Geld für ihr Produkt. Deshalb haben in manchen Regionen bis zu 80 Prozent der Landwirte ihre Lieferungen eingestellt. Die Aktion könnte so lange dauern, bis die Regale in den Supermärkten leer sind.

Die Milchbauern in Deutschland haben am Dienstag mit ihrem angedrohten Lieferboykott begonnen. Damit protestieren sie gegen die aus ihrer Sicht zu niedrigen Milchpreise. Wie lange keine Milch mehr geliefert werde, sei noch unklar, sagte der Vorsitzende des Verbands der Milchbauern (VDM), Romuald Schaber. Engpässe im Handel seien in den kommenden Tagen aber nicht ausgeschlossen. «Wir sind entschlossen erst dann wieder zu liefern, wenn wir die Zusage erhalten, dass kostendeckende Preise bezahlt werden», sagte Schaber.

Der Verband fordert von den Molkereien einen Milchpreis von 40 Cent pro Liter, statt durchschnittlich 27 Cent. Den Bauern machen auch gestiegene Energie- und Futterpreise zu schaffen. Am Montag hatte sich Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) mit den Milchbauern solidarisch erklärt. Die Forderung nach 40 Cent je Liter sei gerechtfertigt.

Überflüssige Milch an Kälber

Schaber sprach von einer bundesweit «überwältigenden Beteiligung» an den Protesten, in einigen Regionen beteiligten sich rund 80 Prozent der Milchbauern. «Wir richten uns mal auf eine Woche bis zehn Tage ein», sagte der Verbandsvorsitzende. Da Deutschland der größte Milchproduzent in Europa sei, könnten Kunden schon bald vor leeren Regalen stehen, sagte Schaber. In Rheinland-Pfalz seien in der Nacht einige Milchlastwagen wieder leer von den Höfen gefahren, sagte BDM-Landesvorsitzender Oliver Grommes. Die überflüssige Milch werde an Kälber verfüttert oder in die Gülle geschüttet. Auch in Mecklenburg-Vorpommern wurde von Lieferstopps berichtet. In Bayern sind ebenfalls Proteste geplant.

«Wir haben die Macht»

Der Milchbauern-Verband empfahl sozialen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Kindergärten, ausreichend Frischmilch einzukaufen, weil es zu Versorgungsengpässen kommen könne. Schaber machte klar, dass die Geduld der Milchbauern am Ende sei. «Es bleibt uns nur noch die Möglichkeit, unsere Milch als Druckmittel einzusetzen. Milch ist Macht, und wir haben die Milch», sagte er. Seehofer und Minister aus anderen EU-Staaten sperrten sich am Montag am Rande einer Konferenz gegen die Kommission, die vom kommenden Jahr die Milchproduktion in Europa jährlich um ein Prozent ausweiten will. «Das halten wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht für richtig», sagte Seehofer, der für die deutsche Position und die Idee eines «Milchfonds» um Verbündete warb.

Chance für Randlagen

Für Landwirte in schwierigen Lagen will er EU-Mittel lockermachen. Über die finanzielle Ausstattung des Fonds sagte er nichts. In Delegationskreisen waren mindestens zwei Milliarden Euro jährlich im Gespräch. Unterstützung fand Deutschland unter anderen bei Österreich, Finnland und Slowenien. Deutschland geht es vor allem darum, Milchbauern in den schwierig zu bewirtschafteten Bergregionen und anderen Randlagen eine Chance am Markt zu erhalten. Ende März 2015 läuft das Milchquotensystem aus, mit die EU seit den 80er Jahren erfolglos versucht, Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen. Die EU-Kommission will mit der Erhöhung der Produktion der steigenden globalen Nachfrage vor allem in aufstrebenden Ländern Asiens nachkommen.

Agrarmittel in Milchwirtschaft

Deutschland fordert im Gegenzug zur höheren Produktion ein Begleitprogramm für die heimische Milchwirtschaft. Österreichs Agrarminister Josef Pröll sagte, es dürfte kein Problem sein, einen Teil der jährlich nicht genutzten EU-Agrarmittel in die Milchwirtschaft umzuleiten. «Aber ich will auch frisches Geld», sagte Pröll. (dpa)

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