Merkel weist CSU-Kritik an EZB-Kurs zurück
Berlin - Bei der Debatte über einen notfalls unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen aus Krisenländern müsse absolut unterschieden werden zwischen Fiskalpolitik der Regierungen und der Geldpolitik der EZB, sagte Merkel am Montag vor der Bundespressekonferenz in Berlin.
Die deutsche Haftungsgrenze von 190 Milliarden Euro beziehe sich nur auf den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und könne nicht einfach mit der Geldpolitik der EZB summiert werden. "Die stehen jeweils für sich." Gleichzeitig stärkte Merkel aber auch Bundesbank-Chef Jens Weidmann den Rücken, der die EZB-Entscheidung wie die CSU ablehnt.
CSU-Chef Horst Seehofer sieht die Obergrenze des gesamten deutschen Beitrags zur Euro-Rettung bei 190 Milliarden Euro. Diese Summe dürfe aus seiner Sicht auch nicht indirekt durch Anleihekäufe der EZB überschritten werden. Nach Einschätzung Merkels gibt es für den von der EZB angekündigten Ankauf von Staatsanleihen aus Euro-Krisenländern gute Gründe.
Eine Intervention der EZB am sogenannten Sekundärmarkt sei aus geldpolitischer Verantwortung möglich und mit dem Mandat der Notenbank vereinbar. Die EZB müsse die Wirtschaft mit Geld versorgen. "Wenn die Europäische Zentralbank zu der Erkenntnis kommt, dass diese Versorgung mit Geld schwierig ist, (...) dann muss die EZB zur Sicherung der Geldwertstabilität auch die entsprechenden Maßnahmen treffen. Da haben wir ihr keine Grenzen vorzugeben", sagte Merkel.
Eine Finanzierung von Staaten durch die EZB aber müsse ausgeschlossen sein. Das Bundesverfassungsgericht habe betont, es dürfe keine Vermischung geben. Deshalb verbiete sich auch eine Banklizenz für den ESM, da dies klare Staatsfinanzierung wäre. "Die Geldpolitik kann die Fiskalpolitik nicht ersetzen. Der politische Bereich muss selber agieren", sagte Merkel.
Zur Kritik Weidmanns an den EZB-Anleihenkäufen sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel, sie wolle dessen Bemerkungen nicht kommentieren. Dass sich aber der Bundesbank-Präsident in die Debatte über die Euro-Rettung einmische, sei ganz selbstverständlich und auch sehr willkommen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) habe bei seiner Kritik darauf verwiesen, dass es nicht in jedem Falle hilfreich sei, wenn interne Diskussionen unvollständig nach draußen dringen.
Bei der angestrebten europäischen Bankenaufsicht durch die EZB warnte Merkel vor übereilten Schritten. Die Aufsicht müsse funktionieren. Es gehe nicht darum, etwas möglichst schnell zu machen. Es sei unwahrscheinlich, dass zum 1. Januar 2013 eine neue Behörde mit ausreichend qualifiziertem Personal starten kann, für die es nicht einmal einen Bauplan gebe.
Motiv könne nicht der Wunsch sein, dass Banken direkt aus dem Rettungsfonds ESM rekapitalisiert werden können und dem die Schaffung einer Aufsicht untergeordnet werde, betonte Merkel. Zuerst müssten eine Aufsicht und Durchgriffsmöglichkeiten geschaffen werden. Dann könne über direkte Bankenhilfen gesprochen werden: "Das ist die Reihenfolge, und die muss unabdingbar eingehalten werden." Die Frage einer gemeinsamen Einlagensicherung stelle sich nicht.
"Europa ist eine Wertegemeinschaft", betonte Merkel und erinnerte daran, dass Europa weltweit nur dann eine Rolle spielen könne, wenn es geeint sei. Die politische Zusammenarbeit müsse intensiviert werden. "Wir brauchen mehr Verbindlichkeit", betonte Merkel. Insbesondere die wirtschaftspolitische Koordinierung müsse verbessert werden. Entscheidendes Problem sei die Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb müssten die Reformen in Krisenstaaten fortgesetzt werden.