Manager: Die Angst vor dem Versagen
Wenn die Bayerischen Motoren Werke AG am Donnerstag um 10 Uhr in die Olympiahalle zur Hauptversammlung lädt, richten nicht nur die Dutzenden Pressevertreter ihre Blicke auf BMW-Boss Harald Krüger (51). Auch Hunderte Aktionäre und Branchenexperten werden gespannt den Worten des Spitzen-Managers lauschen.
Denn für sie geht es längst nicht mehr nur um Gewinn, Umsatz und abgesetzte Autos. Sondern auch darum, wie sich der Traditions-Autobauer mit seinem weltweit 125.000 Mitarbeitern für die Elektro-Zukunft rüsten und den schärfsten Konkurrenten Daimler vom Premium-Thron stoßen will.
Harald Krüger, der sich bei BMW vom Trainee bis zum Boss hochgearbeitet hat, steht heute unter immensem Druck. Vor allem, seitdem der Vorstandsvorsitzende September 2015 bei seinem ersten Auftritt als BMW-Chef auf der IAA in Frankfurt zusammengeklappte – aus Nervosität und weil der Kreislauf nicht mitspielte.
Der BMW-Chef lebt seither mit der Angst, so ein Vorfall könnte sich wiederholen, wie er nun dem "Spiegel" erzählt.
Expertin warnt vor "seelischen Minen", die hochgehen können.
Harald Krüger ist mit seinem Schicksal nicht allein. Stress, Perfekt-sein-wollen, komplexe Herausforderungen, Auftrittsangst: In einer Studie von 2015 gab mehr als die Hälfte der Manager an, aufgrund dieser Faktoren Burn-out-gefährdet und dem enormen Druck nicht mehr gewachsen zu sein.
Die Hamburger Mental-Expertin Marion Klimmer spricht von "seelischen Minen", die jederzeit hochgehen können. Sie warnt vor Selbst-Sabotagen der Manager – mit gravierenden krankheitsbedingten Folgen: Schlaflosigkeit, Magenprobleme, Herzrhythmus-Störungen, Depression.
Angst in Führungsetagen ist ein Tabu-Thema – obwohl sie zu den grundlegenden Erfahrungen des Lebens gehört. "Wir sind in einem Land, in dem Scheitern nicht verziehen wird", sagt Thomas Sattelberger (67), Ex-Personalchef bei der Telekom.
Ein Top-Manager, der seine Krankheit öffentlich machte, ist Rüdiger Striemer (48), Vorstand beim IT-Unternehmen adesso. Er bekam Panikattacken, weil der Druck immer größer wurde. Striemer wies sich selbst in eine psychiatrische Klinik ein – auch wenn das für die Mitarbeiter bedeutet habe: "Der Chef ist in der Klapse."
Harald Krüger, als er auf der IAA kollabiert. Foto: dpa
BMW-Boss Harald Krüger hat gelernt, mit Stress umzugehen. Wenn er mit seinem Chauffeur zu einem Termin unterwegs ist, hört der 51-Jährige Entspannungsmusik. Krüger – in jüngeren Jahren begnadeter Sportler – joggt regelmäßig, an freien Wochenenden fährt er mit seiner Familie in die Berge.
Und auch an seiner Auftrittsangst hat der BMW-Chef, der sich selbst nie in den Vordergrund gestellt hat, gearbeitet: Er will laut Spiegel mehr er selbst sein, sich nicht verstellen und weniger oft frontal auf der Bühne stehen. Letzteres kann Krüger heute zwar nicht vermeiden. Aber der Anti-Selbstdarsteller bereitet sich eigenen Worten zufolge sorgfältig auf die Rede vor und "will einen inneren roten Faden" finden – für seine wohl wichtigsten Worte des Jahres.
Fünf Tipps: Was gegen Stress hilft
Ohne Stress und locker durchs Berufsleben? Tipps von Frank Behrendt, Job-Experte und Ex-Vorstand bei FischerAppelt:
- "Nimm dich selbst nicht zu wichtig."
- "Schaffe Atempausen während des Arbeitstags."
- "Befrei dich vom Informationswahn."
- "Geh mal mit Leuten zum Mittagessen, die auf den ersten Blick keine Business-Relevanz haben."
- "Liebe deine Familie, dich selbst und das Leben. Aber nie deinen Job."
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