Löschers harte Landung

Korruption kostete Siemens bisher schon 1,8 Milliarden Euro. Jetzt ist der Ertrag eingebrochen, Vorstandschef Löscher gibt sich perplex. Willkommen in der Siemens-Wirklichkeit.
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Vor einem Jahr noch ein Nobody bei Siemens, heute ein Konzernchef, der es am besten allen recht machen soll: Löscher
dpa Vor einem Jahr noch ein Nobody bei Siemens, heute ein Konzernchef, der es am besten allen recht machen soll: Löscher

MÜNCHEN - Korruption kostete Siemens bisher schon 1,8 Milliarden Euro. Jetzt ist der Ertrag eingebrochen, Vorstandschef Löscher gibt sich perplex. Willkommen in der Siemens-Wirklichkeit.

Angesichts immer neuer Erkenntnisse über das Ausmaß des Schmiergeld-Unwesen im eigenen Haus gab sich Vorstandschef Peter Löscher auf der Halbjahres- Pressekonferenz perplex: „Das war für mich völlig unerwartet“, sagte er. Die jüngste Rekordzahl aus der Schmiergeldaffäre: Rund 1,8Milliarden Euro an Strafzahlungen, Honoraren für Berater und Steuernachzahlungen musste der Konzern bisher wegen des Systems der schwarzen Kassen aufwenden, teilte der Anti-Korruptionsbeauftragte Peter Solmssen mit. Peter Löscher kann nur hoffen, dass die Verhandlungen mit der US-Börsenaufsicht SEC bald mit einem glimpflichen Vergleich und nicht mitMilliarden-Bußen enden.

Unklar ist immer noch, ob und wenn ja, welche früheren Vorstände auf Schadenersatz verklagt werden. Demnächst will die Münchner Staatsanwaltschaft erklären, ob sie Ermittlungen gegen von Pierer einleitet.

Dann die miesen Ertragszahlen

Im abgelaufenen Quartal brach das Nettoergebnis gegenüber dem Vorjahreszeitraum um zwei Drittel auf 412 Millionen Euro ein. Schuld waren vor allem die Bereiche Energieerzeugung und die Bahntechnik und der IT-Bereich Siemens Solutions and Services SIS. Dort taten sich insgesamt Belastungen von 857 Millionen Euro auf. Eine ungemütliche Situation für Peter Löscher. Lange kann er nicht mehr auf den Newcomer- Vertrauensbonus setzen.

Ziemlich übel nahmen ihm Börsianer die Gewinnwarnung vom März, in der er den Ertragseinbruch, der jetzt genau beziffert wurde, ankündigte. Ziemlich übel nehmen die Beschäftigten Löscher dessen aktuelle Rotstift-Pläne. Diesmal soll es die Verwaltung treffen. „Wir haben an unsere Verwaltung genau den gleichen Anspruch wie an die Fabriken“, sagt Löscher. Die Effektivität soll besser werden.

Im Klartext: Die Arbeit wird aufweniger Schultern verteilt. Bis 2010 will Siemens im Vertrieb und in der Verwaltung die Kosten um 1,2 Milliarden Euro pro Jahr senken. Schon macht sich Unmut unter der Belegschaft breit: Sollen die Beschäftigten jetzt die Verfehlungen und die Unfähigkeit ihrer früheren und jetzigen Chefs ausbaden? Löscher wirkt nicht mehr ganz so zuversichtlich wie früher, spricht von ersten „Bremsspuren“ aufgrund der Kreditkrise. „Wir merken im Breitengeschäft in Deutschland, dass unsere Kunden vorsichtiger geworden sind“, sagt er. Siemens hat zwar keine Schwierigkeiten, sich Geld auf dem Kapitalmarkt zu besorgen – viele Kunden des Konzerns haben diese Probleme mittlerweile aber schon. Löscher kann nur darauf hoffen, dass die Pessimisten unrecht haben – und die Finanzmarktkrise nicht auch noch weite Teile Asiens in Mitleidenschaft zieht.

Susanne Stephan<7B>

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