Licht und Schatten

Hurra! Jetzt von ganz oben festgestellt: Kinder wachsen. Anja Timmermann, AZ-Politikredakteurin, über das Hartz-IV-Urteil
Zu allererst ist das Urteil schon deshalb erfreulich, weil es armen Kindern hilft: Ein Dank an das Verfassungsgericht, das nun höchstrichterlich festgestellt hat, dass Kinder nicht 0,6 Erwachsene sind. Dass sie in der Schule mitkommen müssen, um nicht selbst in Hartz IV zu landen. Dass sie anders als Erwachsene aus ihren Schuhen rauswachsen. Klingt alles so, als ob man es sich denken könnte; aber es brauchte das Bundesverfassungsgericht dazu. Das war überfällig und notwendig.
Wobei es für Kinder genauso wichtig bleibt, nicht nur den einzelnen Eltern Geld zu zahlen, sondern Bildung und Betreuung gut und bezahlbar auszubauen. Kaum ein anderes Land gibt den einzelnen Familien (auch den wohlhabenden) so viel, kein anderes steckt so wenig in die öffentlichen Einrichtungen für Kinder.
Doch das Urteil hat auch einen Haken: Nach der Erhöhung der Sätze für Familien wird es nochmehr Niedrigverdiener geben, die bei einer 40-Stunden-Woche das Gleiche oder gar weniger heimbringen. Natürlich können sie aufstocken und Leistungen beantragen, um wenigstens auf Hartz-IV-Niveau zu kommen. Doch dann ist erstens schon die Frage, ob nicht zumindest manche sagen, dass sie halt einfach gleich daheimbleiben.
Und zweitens wird es dann immer mehr Schleckers und andere geben, die die Löhne drücken – weil der Steuerzahler spendiert ja den Rest. Spätestens jetzt ist eine grundsätzliche Debatte fällig, was Arbeit wert ist, über Mindestlohn und Niedriglohn. Und was fällt der FDP dazu ein? Sie erklärte gestern, sie halte an ihren Steuerplänen fest. Na dann.