Licht ins Schufa-Dunkel

Warum mein Stadtviertel mir den Handy-Vertrag gefährden kann: Ab 1. April kann jeder Auskunft verlangen, welche Daten die Kredit-Datei über ihn speichert, gewichtet und weitergibt.
von  Abendzeitung
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BERLIN - Warum mein Stadtviertel mir den Handy-Vertrag gefährden kann: Ab 1. April kann jeder Auskunft verlangen, welche Daten die Kredit-Datei über ihn speichert, gewichtet und weitergibt.

Ab 1. April soll Schluss sein mit der jahrelangen Geheimniskrämerei von Auskunfteien wie Schufa, Creditreform, Infoscore und anderen. Verbraucher haben jetzt das Recht, einmal pro Jahr gratis alle über sich gespeicherten Daten abzurufen. Man kann künftig erfahren, warum beispielsweise ein Handy-Vertrag aus heiterem Himmel abgelehnt wurde, obwohl man gar keine Schulden hat.

Worum geht es? Die Novelle des Datenschutzgesetzes zwingt Schufa & Co dazu, erstmals Licht ins Dunkel des streng gehüteten Scoring-Systems zu bringen. Diese umstrittenen Geheimdaten entscheiden darüber mit, ob Millionen Bürger kreditwürdig sind. „Leute, nutzt die neue Auskunftsmöglichkeit und ruft die eigenen Daten präventiv ab“, ermuntert Sylvia Beckerle, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Viele der Einzeldaten seien nicht korrekt. Mögliche Folge: Ein Verbraucher rutscht in einen schlechten Score, wenn es um die Kredit-Vergabe geht. Darlehen können dann teurer werden. Oder das Versandhaus liefert nur noch per Nachnahme. Wer falsche Einträge über sich findet, kann die Korrektur verlangen.

Wie landet man in einer Datenbank? Die bekannteste Auskunftei ist die Schufa. Allein diese Firma sammelt Daten über die Zahlungskraft von 65 Millionen Bürgern. Kaum jemand, der nicht erfasst ist. Keine Girokonto-Eröffnung, kein Geld- oder Warenkredit bleibt unbemerkt. Das Unternehmen weiß, wie viel Schulden jemand hat und ob sie ordentlich abbezahlt werden, ob Mahnverfahren laufen, eine Privatinsolvenz oder gar ein Haftbefehl ansteht.

Wie schadet ein schlechtes Scoring? Aus 370 Millionen Einzeldaten errechnet die Schufa Punktwerte, die Scores (englisch für Zahlenwert). Je besser der Wert von 1 bis 1000, desto kreditwürdiger der Betroffene. Wie Scores genau ermittelt werden, lag bisher im Dunkeln. Klar war nur, dass die Zahl der Girokonten, Kreditkarten, Darlehen oder Handyverträge in die Berechnung miteinflossen, ebenso Wohnort oder Familienstand. Der Einzelne wird letztlich aber nicht selbst gemessen, sondern eine vergleichbare Gruppe. Sind viele der „Datenzwillinge“ schlechte Kunden, dann rutscht selbst ein Gutverdiener im Scorewert ab. Schon eine Wohngegend mit schlechtem Ruf kann die eigene Einstufung drücken – und den Immobilienkredit verteuern.

Was ist jetzt neu? Verbraucher haben ab 1. April erstmals Anspruch darauf zu wissen, welche Scorewerte in den letzten zwölf Monaten berechnet wurden und wo die Daten überhaupt herkamen, sagt Frank-Christian Pauli vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Die Bedeutung der Scores muss gut verständlich erklärt sein; ebenso, an wen die Daten weiterverkauft wurden. Hauptabnehmer sind Mobilfunkfirmen, Autovermieter, Online- und Versandhändler sowie Geldinstitute.

Wo gibt es die Auskunft? Bei der Schufa kann die Gratis-Auskunft nach Paragraf 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) formlos schriftlich bestellt werden. Adresse: Schufa-Verbraucherservice-Zentrum, Postfach 102166, in 44721 Bochum. Schufa-Nachweise für Vermieter oder Arbeitgeber dagegen kosten extra. Diese Auskunft kommt auf fälschungssicherem Papier und kostet nun 18,50 Euro statt bisher 7,80 Euro. Berrit Gräber

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