Leere Konten bei Quelle - hilft die Politik?

Das Versandhaus Quelle ist auf die Großzügigkeit der Lieferanten angewiesen: Flüssige Mittel hat die Arcandor-Tochter nicht mehr, weil sie ihr Geld kurz vor der Insolvenz komplett an die Mutter überweisen musste.
Die Notlage des Versandhauses Quelle ist noch dramatischer als bisher bekannt. Seit fast drei Wochen muss die Arcandor-Tochter ohne eigene flüssige Mittel auskommen, weil wenige Stunden vor der Insolvenz Anfang Juni alle Konten leergeräumt wurden und das Geld an den Mutterkonzern überwiesen wurde. Ein Arcandor-Sprecher bestätigte am Samstag einen entsprechenden Bericht der «Süddeutschen Zeitung».
Der Sprecher betonte indes, dass dieser Schritt mit der Insolvenz nichts zu tun gehabt habe. Vielmehr handele es sich um ein übliches Verfahren, dass Tochterfirmen ihr Guthaben im sogenannten «Cash-Pooling» an die Mutter überführten. Die Tochterfirmen würden aus diesem Pool dann wiederum mit Geld versorgt. Dies sei ein automatisiertes System auf täglicher Basis. «Jeden Tag gehen Finanzströme in beide Richtungen», sagte er.
Der Quelle-Gesamtbetriebsrat kündigte an, das Verfahren zu prüfen. «Wir wollen auf Cent und Euro wissen, wie diese letzten Tage verlaufen sind», sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ernst Sindel der Nachrichtenagentur dpa. Ein Quelle-Sprecher wollte sich nicht zu dem Bericht der «SZ» äußern und verwies auf die für Montag erwartete Grundsatzentscheidung der Bundesregierung.
Vertrauen in die Politik
Wie die «Süddeutsche Zeitung» schrieb, ist Quelle dadurch jetzt auf die Großzügigkeit der Lieferanten angewiesen, die mit ihren Waren und Dienstleistungen in Vorleistung gingen. Auch die Druckerei des Quelle-Katalogs hatte sich am Freitagabend trotz der Risiken entschlossen, vorläufig mit der Auslieferung des neuen Katalogs zu beginnen. Dies geschehe auch im Vertrauen auf den politischen Willen des Freistaats Bayern und der Bundesrepublik, begründete die Druckerei Prinovis ihren Entschluss.
Seehofer appelliert an Merkel
In der Hängepartie um einen staatlichen Kredit für Quelle forderte CSU-Chef Horst Seehofer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Samstag eine Zusage. «Ich habe kein Verständnis dafür, wie die Bundesregierung solche Dinge behandelt», sagte der bayerische Ministerpräsident in Dachau zur zögerlichen Haltung insbesondere von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Quelle hat seinen Sitz im nordbayerischen Fürth.
Die bayerische Staatsregierung hat von sich aus bereits eine Zusage für einen so genannten Massekredit an Quelle in Höhe von 21 Millionen Euro gegeben, das Land Sachsen will 4 Millionen Euro geben. Der Bund ist mit 25 Millionen Euro gefordert. «Wir sind verantwortlich zu dieser Entscheidung gekommen. Der Freistaat verbrennt keine Steuergelder», sagte Seehofer. Quelle habe diese Chance verdient «und wird sie auch nutzen, wenn der Bund handelt». Die Bundesregierung zögert mit einer Zusage, weil sie genau prüfen will, dass das Ausfallrisiko überschaubar bleibt und es Sicherheiten gibt. Nach Einschätzung des Arcandor-Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg ist der Kredit durch ausreichend Vermögenswerte bei Quelle gedeckt. Ein Massekredit ist eine Nothilfe, mit der insolvente Unternehmen ihren Geschäftsbetrieb aufrechterhalten können.
Was macht die Bundesregierung?
Informationen der «Süddeutschen Zeitung», wonach Quelle von der Bundesregierung als nicht überlebensfähig angesehen werde, bezeichnete Seehofer als unverantwortlich. In dem Bericht war auch von einem ranghohen Mitglied der bayerischen Staatsregierung die Rede, das die Liquidation von Quelle als als denkbares Szenario bezeichnet haben soll. «Diesen Minister gibt es nicht», sagte Seehofer. (dpa/AP)