Lebensmittel werden noch teurer - bei Aldi schon ab Montag

Lebensmittelpreise in Deutschland dürften nach Einschätzung der Handelsbranche weiter deutlich zulegen - bei Aldi wird das ab Montag zu spüren sein. Schon vor Ausbruch des Ukraine-Krieges seien Preise "über die Produktpalette hinweg" um gut fünf Prozent gestiegen, sagte Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Dies sei Folge gestiegener Energiekosten gewesen. "Die zweite Welle an Preissteigerungen kommt, und die wird sicherlich zweistellig."
Erste Handelsketten hätten schon damit begonnen, Preise anzuheben. "Wir werden das zeitnah überall in den Supermärkten an den Preisschildern sehen können." Es werde "erst einmal keine anhaltende Abwärtsbewegung mehr bei den Preisen geben", so Sanktjohanser. Kürzlich hatten Handelsketten wie Aldi, Edeka und Globus Preiserhöhungen angekündigt.
Fleisch, Wurst und Butter werden "deutlich teurer"
Aldi macht am Montag abermals ernst: Fleisch, Wurst und Butter werden dann "deutlich teurer", wie Aldi-Nord-Kommunikationschef Florian Scholbeck in Essen sagte. Grund hierfür seien höhere Preise, die Aldi seinen Lieferanten zahlen müsse.
"Seit Beginn des Ukraine-Krieges gibt es Sprünge bei den Einkaufspreisen, die wir so noch nicht erlebt haben." Dies liege auch daran, dass sich Futter- und Düngemittel sowie Energie verteuert hätten. Das wiederum bekämen die Landwirte bei ihrer Viehhaltung und die fleischverarbeitende Industrie zu spüren. Zuvor hatte die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" über die Preiserhöhungen berichtet.
Der Zeitung zufolge sieht sich auch Aldi Süd veranlasst, die Preise anzuheben. Die Erhöhungen fallen je nach Produkt unterschiedlich aus. Auf AZ-Anfrage teilte Aldi Süd mit, Aldi biete "seinen Kundinnen und Kunden dauerhaft bestmögliche Qualität zum bestmöglichen Preis. Bevor es zu Preiserhöhungen unserer Artikel kommt, prüfen wir alle Möglichkeiten, Mehrkosten anderweitig - auch durch Reduktion unserer Marge - aufzufangen." Preisanpassungen würden nur dann vorgenommen, "wenn es nicht mehr möglich ist, die gestiegenen Kosten abzufedern", so das Unternehmen. "Entspannt sich die Situation am Markt wieder, so werden Preisvorteile umgehend in unseren Verkaufspreisen berücksichtigt."
Auch der Handelsriese Rewe mit seiner Discounttochter Penny hat für einzelne Warengruppen und Artikel höhere Verkaufspreise angekündigt. "Wir sind aktuell mit einer Vielzahl von steigenden Kosten bei Rohstoffen, Energie und Logistik sowie Preiserhöhungen der Lebensmittelindustrie und Lieferanten konfrontiert", begründete ein Unternehmenssprecher der Rewe Group die angekündigten Erhöhungen.
Der Sprecher machte keine Angaben, wann und in welcher exakten Höhe die Erhöhungen in den Super- und Discountmärkten umgesetzt werden.
Aldi hatte bereits vor zwei Wochen die Preise für etwa 160 Artikel erhöht, eine Woche später verteuerten sich 20 weitere Artikel. Wettbewerber zogen nach. Aufgrund der Situation auf den Weltmärkten ließen "sich steigende Verkaufspreise in der gesamten Branche (...) nicht immer vermeiden", teilte zum Beispiel Edeka vergangene Woche mit.
Fast alle Firmen im Nahrungs-Einzelhandel planen Preiserhöhungen
Laut einer unlängst publizierten Befragung des Ifo-Instituts planen fast alle Firmen aus Deutschlands Nahrungs-Einzelhandel Preiserhöhungen. Sie sind aus Sicht des Bauernverbands ein notwendiger und folgerichtiger Schritt. "Jetzt kommt es auch darauf an, dass das Geld nicht in der Vermarktungs- und Verarbeitungskette hängenbleibt, sondern auch auf den Betrieben ankommt", sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken am Freitag. Die von Aldi vorgesehenen Anpassungen seien ein überfälliges Signal. Sie spiegelten Marktverwerfungen und Kostensteigerungen in der Erzeugung wider und auch erste Kosten des Umbaus der Branche hin zu nachhaltigerer Produktion.
Die Spitzenverbände von Handel und Agrarbranche tauschen sich auf Ebene der Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft (ZKHL) über Folgen des Ukraine-Krieges aus. ZKHL-Geschäftsführer Hermann-Josef Nienhoff sagte, die aktuelle Welle der Preissteigerungen sei bei den Verbrauchern noch nicht angekommen.
Die Verbraucherzentrale Bayern rät Menschen, die genau rechnen müssen, mit einer Einkaufsliste in den Markt zu gehen. Man solle sich "nicht verführen lassen", sagte Ernährungsberaterin Daniela Krehl der AZ. Zudem empfiehlt sie, auf Sonderangebote zu achten, aber gleichzeitig nicht zu viel zu kaufen und auf die richtige Lagerung zu achten. Beim Bäcker erhalte man außerdem Brot vom Vortag oft um 50 Prozent reduziert. Lebensmittel, die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen, seien ebenfalls oft im Preis herabgesetzt.
Krehl sieht auf die Verbraucher noch weitere Knappheiten und Teuerungen zukommen. So habe das verringerte Angebot bei Sonnenblumenöl zum Ausweichen auf Rapsöl geführt und dies zu erhöhter Nachfrage nach Butter. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes war der Absatz von Speiseöl im Lebensmitteleinzelhandel in der Woche vom 7. bis 13. März mehr als doppelt so hoch (plus 123 Prozent) wie im September 2021.
Bundesregierung muss reagieren
Laut Krehl würden auch Nordseekrabben kaum noch gefischt angesichts hoher Energiekosten, die durch Transporte nach Asien anfallen, wo die Krabben gepult werden. Viele Geflügelbetriebe in Norddeutschland wollten nicht mehr aufstallen, so Krehl, weil die hohen Kosten für Futtermittel aus Weizen das Fleisch so teuer machten, dass sie Unverkäuflichkeit befürchten. "Man glaubt das gar nicht, wie viel davon abhängt."
Die Bundesregierung müsse reagieren und etwa die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse senken, damit die Menschen sich noch gesund ernähren könnten. "Da muss was passieren." Auch die Hartz-IV-Sätze müssten aufgestockt werden, fordert die Verbraucherschützerin.