Laut, aber wahr

Westerwelles Prinzip heißt nun Wegducken – wie lange noch? Anja Timmermann, AZ-Redakteurin, über den Zustand der FDP
von  Abendzeitung
Anja Timmermann, AZ-Redakteurin
Anja Timmermann, AZ-Redakteurin © Ronald Zimmermann

Westerwelles Prinzip heißt nun Wegducken – wie lange noch? Anja Timmermann, AZ-Redakteurin, über den Zustand der FDP

Die „geistig-politische Wende“ hatte Guido Westerwelle vor einem Jahr ausgerufen. Jetzt hat er im Wochentakt einen Krisenherd nach dem anderen: Vorletzte Woche lacht das halbe Land über die Lästereien in Wikileaks, letzte sein Maulwurf-Büroleiter, diese der Rundumschlag von Wolfgang Kubicki.

Dessen Spät-DDR-Vergleich ist freilich absurd – man kennt Kubickis Vorliebe für grelle Provokationen. Die Analyse über den desolaten Zustand der Partei stimmt natürlich, und sie sorgt an der Basis für tiefe Verunsicherung. Kubicki spricht es nur laut aus.

Zum Beispiel die Umfragewerte: Seit einem halben Jahr nun verharrt die Partei im Fünf- Prozent-Keller. Das ist keine Delle wegen einer punktuellen Enttäuschung, das ist Ausdruck für einen verheerenden Verlust von Ansehen und Glaubwürdigkeit. Noch versucht man, durchzukommen – in dem Westerwelle schlicht seinen Mund zu allen innenpolitisch wichtigen Themen hält. Aber spätestens, wenn die Wahl im Stammland Baden-Württemberg vergeigt wird, stellt sich die Frage, ob das Wegducken noch funktioniert.

Westerwelles beste Lebensversicherung ist der Mangel an Nachfolgern. Die Parteispitze ist für Christian Lindner (31) ein bisschen früh, und Rainer Brüderle wäre als Vizekanzler eher eine Übergangslösung. Die zweitbeste Amtsgarantie ist Herr Kubicki: Solche Sätze sorgen immer für Reihen-Schluss-Reflexe an der Spitze. Seine Überzeugungskraft ist es jedenfalls nicht mehr, die Westerwelle im Amt hält.

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