Krise? Wir schießen unser Geld zum Mond!

Peter Hintze (CDU) will die Konjunktur mit einer 350-Millionen-Raummission ankurbeln
BERLIN/MÜNCHEN Besondere Zeiten erfordern besondere Visionen – etwa die von Johann-Dietrich Wörner. Der Präsident des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) will die Konjunktur mit einem Mond-Programm anheizen. Er fordert 350 Millionen Euro verteilt auf fünf Jahre und findet ein offenes Ohr beim Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt, Peter Hintze (CDU).
Wegen der Finanzkrise waren Pläne für den Flug einer deutschen Sonde zum Mond im Sommer eigentlich auf Eis gelegt worden. Dann kamen die Rettungspakete für Banken und Autohersteller – und Begehrlichkeiten in anderen Branchen. Jetzt fordert Wörner eine deutsche Mondmission – nicht trotz, sondern wegen der Finanzkrise. Ein Raumfahrtprogramm würde hochqualifizierte Arbeitsplätze in Deutschland sichern, argumentiert der Experte.
Die beiden Raumfahrt-Lobbyisten treten jedoch dem Eindruck entgegen, bei ihrem Vorschlag handle es sich nur um ein millionenschweres Arbeitsbeschaffungs-Programm. Glaubt man ihnen, können im All – den beherzten Einsatz von Steuermitteln vorausgesetzt – bleibende Werte geschaffen werden. Hintze schwärmt von einem „exzellenten Programm zur Kartierung des Mondes mit allerhöchster Präzision“. Außerdem könnte das 350-Millionen-Euro-Projekt „ein Signal an die junge Generation senden, dass technische Berufe und die Ingenieurwissenschaften gute Zukunftschancen in Deutschland haben“, sagte er dem „Tagesspiegel“.
Und der krisengeschüttelte Verbraucher? Wörner verspricht als Ergebnis des Programms „langfristig Wohlstand“, lässt allerdings offen, worin sich dieser offenbaren werde. Möglicherweise mit einem neuen Kartensatz fürs Navigationsgerät: Schon in drei Jahren könnten hochauflösende Kameras die Oberfläche des Mondes mit bislang nie dagewesener Genauigkeit fotografieren und kartografieren, verspricht der DLR-Chef.
Fehlt nur eine Reisemöglichkeit zum Erdtrabanten. Damit sieht es im Moment freilich schlecht aus. Die deutsche Mond-Forschungssonde, der Lunare Explorations-Orbiter (Leo), soll unbemannt arbeiten und mit einer europäischen Ariane- oder russischen Sojus-Rakete in den Weltraum geschossen werden. Bis die Mission zur Dienstleistung fürs breite Publikum aufgerüstet wird, dürfte wohl noch die eine oder andere Million nachzuschießen sein.
Soweit denken Wörner und Hintze noch nicht. Sie planen vorerst für 2009. Bisher ist im Bundeshaushalt kein Geld für eine deutsche Mond-Mission vorgesehen. Wörner hofft aber, im kommenden Jahr politisch etwas in Berlin bewegen zu können. „Alle Techniken stehen bereit“, sagt der DLR-Chef. Ein deutsches Mond-Programm sei auch ein Beitrag für die transatlantische Partnerschaft mit den USA, gibt er zu bedenken. Wörner weiß: Krise hin oder her – die Bundesrepublik lässt sich in der Raumfahrt nicht lumpen. Deutschland ist mit 2,7 Milliarden Euro bis zum Jahr 2011 sogar der größte Beitragszahler der europäischen Weltraumorganisation ESA.