Krise? Welche Krise?

Der schmale Grat zwischen Hysterie und Blauäugigkeit - Anja Timmermann, Redakteurin der AZ, über die Wirtschaftskrise und Weihnachten.
von  Abendzeitung

Der schmale Grat zwischen Hysterie und Blauäugigkeit - Anja Timmermann, Redakteure der AZ, über die Wirtschaftskrise und Weihnachten.

War da was? Seit Wochen prasseln die Hiobsbotschaften auf uns ein – Experten, die sich mit immer düsteren Prognosen überbieten, immer neue Krisengipfel mit immer gigantischeren Milliardenpaketen. Und was machen die Bürger? Sie stürmen wie eh und je vor Weihnachten die Läden. Konsum ganz ohne Konsumgutscheine, wer hätte das gedacht.

Doch, den Bürgern ist bewusst, dass es eine Krise gibt – nur die meisten spüren sie nicht. Noch nicht jedenfalls. Das Jahr 2008 war für Deutschland insgesamt relativ gut; der Arbeitsmarkt ist noch stabil; die Lohnabschlüsse waren ordentlich. Das hat ein bisschen Geld in die Taschen gespült, und das wird jetzt gerne ausgegeben. Mag die Laune besser als die Lage sein: Bitteschön. Einmal erweisen sich die Deutschen eben nicht als die Miesepeter, für die man sie immer hält.

Man muss das Geld ja nicht mit vollen Händen rauswerfen, aber man kann sich auch mal was Gutes tun, statt nur angstzusparen. Und wenn es aus einem gewissen Trotz heraus ist, nach dem Motto: Die Krise kommt noch früh genug.

Den richtigen Weg zwischen Blauäugigkeit und Hysterie zu treffen ist schwer. Für den Bürger genauso wie in der Politik, wo selten so offenkundig wurde, dass die Handelnden es selbst nicht wissen. Nicht, wie schlimm es wird, und nicht, was das beste Rezept dagegen ist. Und auch die Experten, die plötzlich seit Jahren haben alles kommen sehen, haben keine überzeugenden Prognosen. Einen Präzedenzfall gibt es eben nicht – man wird sehen. Bis dahin kann ein bisschen Lebensfreude nicht schaden.

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