Korruption? »Völliger Unsinn«
"Die Behauptung, dass man große Projekte nur abschließen kann, wenn man auch Schmiergeld zahlt, ist völliger Unsinn", sagt Georg Knoth. Im AZ-Interview erzählt der Deutschland-Chef von General Electric, wie er Siemens angreift.
AZ: Herr Knoth, General Electric drängt in die Öffentlichkeit: durch Fernsehspots, durch Anzeigen in den Zeitungen. Warum gerade jetzt?
GEORG KNOTH: Wir haben letztes Jahr unsere Werbekampagne stark erweitert. Insbesondere möchten wir eine breitere Öffentlichkeit auf unsere vielen, sehr umweltfreundlichen Produkte aufmerksam machen. Gerade im Bereich Erneuerbare Energien wie zum Beispiel Windenergie sehen wir weiterhin sehr gute Wachtsumspotentiale.
Lag es nicht vielmehr daran, dass Siemens durch die Korruptions-Affären angeschlagen ist und Sie die Gunst der Stunde nutzen wollen?
Nein, wir definieren uns nicht über das, was Siemens macht. Das wäre eine verfehlte Strategie. Wir beobachten das, aber es ist nicht unser Thema.
Profitieren Sie von der Siemens-Krise, indem Sie mehr Aufträge bekommen?
Das muss man mittelfristig abwarten. Wir konzentrieren uns zu allererst auf unser eigenes Geschäft.
Wie geht GE mit dem Thema Korruption um?
Da gibt es bei uns null Toleranz. Als ich vor zehn Jahren Jahren zu GE kam, wurde mir gesagt: Wer sich nicht an die Spielregeln hält, ist am nächsten Tag draußen. Daran hat sich nichts geändert. Die Behauptung, dass man große Projekte nur abschließen kann, wenn man auch Schmiergeld zahlt, ist völliger Unsinn. Die ganze Diskussion schadet allen Beteiligten – auch dem Standort Deutschland.
Viele Siemens-Beschäftigte sind im Selbstbewusstsein angeknackst und schauen sich nach neuen Jobs um. Klopfen auch bei Ihnen Siemensianer an?
Wir haben Bewerber aus vielen Unternehmen, und da ist sicher auch der eine oder andere Siemensianer dabei. GE war ja schon immer ein sehr interessanter Arbeitgeber. Letztes Jahr wurden wir als bestes Unternehmen in Deutschland im Bereich Personalentwicklung bewertet. Das hat das Interesse an GE sicher noch verstärkt.
Wie verfolgen Sie die Debatte um den Mindestlohn?
Der Linksruck in Deutschland ist besorgniserregend. Ebenfalls mit Sorge betrachten wir den um sich greifenden Anti-Globalisierungs-Trend. Wenn das auf Kosten des Standort Deutschlands geht, ist das sehr schade. Die Diskussion sollte nicht um mehr Mindestlohn und um mehr Regulierung gehen – sondern wie man auch den letzten verfügbaren Cent erfolgreich in Forschung und Entwicklung investiert. Wenn Deutschland als Gewinner aus der Globalisierung hervorgehen will, dann nur durch Bildung, Forschung und Entwicklung.
Welche Konsequenzen zieht GE aus der Debatte?
Wir sind global aufgestellt und haben quasi jeden Tag die Wahl zwischen Investitionen in China, Indien, dem Mittleren Osten, den USA – und Deutschland. Innerhalb des Konzerns wird die derzeitige Entwicklung in Deutschland genau verfolgt.
Interview.: Volker ter Haseborg
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