Kommentar: Ratlose Retter
"Es warten noch andere Patienten auf die Helfer der Krisenklinik": Die AZ-Redakteurin Anja Timmermann über den Fall Opel.
Wenn der Patient kurz vor dem Exitus steht, geht es in der Notaufnahme eben manchmal nicht sehr harmonisch zu – vor allem, wenn die Krankheit in ihrer globalen Auswirkung so noch nie dagewesen ist und in keinem Lehrbuch steht. Insofern ist es schon mal ein Erfolg, dass Opel wenigstens vorerst stabilisiert ist. Auch wenn die beteiligten Operateure erbittert streiten, welches die geeignete Heilmethode ist: Eine vollständige Genesung kann keiner garantieren; es geht nur darum, welche die Methode die noch am wenigsten schlechte ist.
Der rebellische Minister Guttenberg mag durchaus recht haben mit seiner Kritik, dass das Risiko für den Steuerzahler extrem hoch ist und die Absichten der russischen Geldgeber nicht wirklich durchschaubar sind. Aber mindestens ebenso berechtigt ist die Kritik an seinem Modell einer Insolvenz: Diese hätte Opel – ohne Partner und allein zu klein zum Überleben – wohl schnell in den Abgrund gestürzt, was zum Verlust zehntausender Arbeitsplätze geführt hätte.
Dass es in so einer bisher unerprobten Krisensituation mal unterschiedliche Meinungen gibt, ist völlig in Ordnung – und bei weitem kein Grund zum Rücktritt. Entscheidend ist, das jeder aus echter Überzeugung seine Position vertritt und nicht als kurzfristige Wahlkampf-Show. Und ganz idealerweise suchen die klügsten Köpfe gemeinsam nach der besten Lösung, egal welcher Partei sie angehören. Leider geht das erste Gekeife und die erste Selbstbeweihräucherei schon wieder los. Dabei warten noch genug andere Patienten im Wartezimmer der Krisenklinik.
- Themen:
- Opel