Kommentar: Erfolg macht erfolgreich

"Monokultur ist nicht nur in der Landwirtschaft schädlich": AZ-Kulturchef Volker Isfort über die Bestseller von Hape Kerkeling und Charlotte Roche.
von  Abendzeitung
Volker Isfort
Volker Isfort © Ronald Zimmermann

"Monokultur ist nicht nur in der Landwirtschaft schädlich": AZ-Kulturchef Volker Isfort über die Bestseller von Hape Kerkeling und Charlotte Roche.

Glückwunsch! Hape Kerkeling gelang mit „Ich bin dann mal weg“, wovon alle Autoren träumen: ein Buch, das wirklich die Massen erreicht. 100Wochen auf der Bestsellerliste, drei Millionen verkaufte Exemplare. Ein beispielloser Erfolg, der die kühnsten Schätzungen aller Verlagsfachleute um Längen übertroffen hat. Dass Kerkeling schon Jahre vor der Niederschrift seiner nordspanischen Pilgererfahrung einer der beliebtesten deutschen Entertainer war, hat dem Verkauf nicht geschadet. Erklären kann man ihn allein damit nicht.

Überarbeitet und ausgebrannt hat Kerkeling den langenWeg nach Santiago de Compostela und zu sich selbst begonnen. Ein Gefühl, das Millionen Alltagsstressgeplagte nachvollziehen können. So gerne man Kerkelings sympathischen Aufzeichnungen, den täglichen Kampf gegen die Trägheit des Körpers, folgt, so widerwillig quält man sich durch das andere Verkaufswunder auf dem Buchmarkt: Charlotte Roches „Feuchtgebiete“. Auch sie war lange vor ihrem Debüt als Autorin ein bekanntes Fernsehgesicht. Erfolg macht erfolgreich. Prominenz öffnet viele Türen.

Wenn das Beispiel Schule macht, haben es die unbekannten Autoren noch schwerer auf dem Markt. Bei 60 000 Neuerscheinungen pro Saison folgen die TV-Kameras auf den Buchmessen bevorzugt den Stars. Auch wenn diese nur zu Buche gebracht haben, was sie in unzähligen Talkshows ausgeplaudert haben. Monokultur ist aber nicht nur in der Landwirtschaft schädlich.

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