Knorr-Bremse: Ein Streit überschattet den Börsengang - Münchner Weltmarktführer geht an die Börse - Streit mit Partner Bosch

Der Münchner Konzern Knorr-Bremse wagt den Gang aufs Parkett – bis zu 4,2 Milliarden Euro soll dies der Eigentümerfamilie bringen. Doch ein Streit überschattet die Pläne.
München - Seit gut einem Jahr war der Börsengang des Münchner Weltmarktführers Knorr-Bremse immer wieder im Gespräch, jetzt wird er Realität. Die Anteilseigner wollen bis zu 30 Prozent der Papiere zum Stückpreis bis zu 87 Euro bei Anlegern platzieren. Das Angebot gilt noch bis Donnerstag, 11. Oktober, der erste Handelstag im regulierten Markt der Frankfurter Börse ist dann für Freitag geplant. Sollten alle gut 35 Millionen Aktien zum Höchstpreis an den Mann gebracht werden, wäre der Börsengang damit ähnlich groß wie der von Siemens Medizintechnik, der im Frühjahr 4,2 Milliarden Euro eingebracht hatte.
Multimilliardär Heinz Hermann ist Mehrheitseigner

Knorr-Bremse ist ein Familienunternehmen und im Besitz von Multimilliardär Heinz Hermann Thiele. Das US-Magazin "Forbes" stufte ihn zuletzt auf Platz 113 der reichsten Menschen der Welt ein. Thiele, 77 und inzwischen Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats, regelt durch den Börsengang die Zukunft seines Konzerns. Denn einen Nachfolger aus der Familie gibt es bei dem Traditionsunternehmen mit mittlerweile über 100 Standorten nicht. Dem Unternehmen selbst fließt bei dem Börsengang kein Geld zu. Unternehmensangaben zufolge werden lediglich bestehende Aktien aus dem Besitz von Mehrheitsaktionär Thiele und seiner Familie platziert, die jedoch weiter die Mehrheit an Knorr-Bremse halten.
Historie: So wurde Knorr-Bremse zum Weltunternehmen
Das Unternehmen ist der weltweit führende Hersteller von Bremsen für Züge und Lastwagen. Sein Erfolg geht zurück auf den Gründer Georg Knorr, der im Jahr 1900 eine Bremse entwickelte, die kurz darauf bald als Einheitsbremse bei allen europäischen Bahnen eingeführt worden war. Thiele, der Knorr-Bremse in den 1980ern übernahm, erkannte frühzeitig die Chance der Globalisierung, knüpfte Kontakte in Nord- und Südamerika, Japan, Russland, Indien oder China. Heute beschäftigt der Konzern weltweit rund 28 000 Mitarbeiter, knapp 5000 davon in Deutschland, der Jahresumsatz liegt bei mehr als sechs Milliarden Euro.
Neben Bremsen hat das Unternehmen viele weitere Teile für Züge und Lkw im Programm wie Türen, Heizungs- und Klimaanlagen, Steuerungskomponenten und Scheibenwischer oder Fahrerassistenzsysteme und Leittechnik.
Streit mit Bosch überschattet Börsengang
Überschattet werden die Börsenpläne allerdings von einem Streit mit dem langjährigen Partner Bosch, mit dem Knorr-Bremse das Nutzfahrzeugbremsen-Geschäft in Europa gemeinsam betreibt: Der Stuttgarter Autozulieferer wirft den Münchnern vor, ihm Konkurrenz bei Lenksystemen für Lkw zu machen – und droht, aus dem gemeinsamen Unternehmen auszusteigen. Knorr-Bremse müsste in dem Fall dessen Beteiligung zurückkaufen, berichtet das „Handelsblatt“. Das wiederum könnte die Knorr-Bremse-Aktie direkt nach dem Börsengang belasten.
Der Aktienkurs: 72 bis 87 Euro
Die Preisspanne der Aktien liegt zwischen 72 und 87 Euro. Sie können noch bis zum 11. Oktober gezeichnet werden. Maximal sollen am 12. Oktober 48,4 Millionen Aktien platziert werden.

Knorr-Bremse: Gründung und Aufstieg ab 1905
Das Münchner Unternehmen Knorr-Bremse stammt ursprünglich aus Berlin – dort ist es 1905 von Georg Knorr gegründet worden. Er entwickelte die Druckluftbremse für Güterzüge, womit ihm bis 1926 der Aufstieg zum größten Bremsenhersteller für Schienenfahrzeuge in Europa gelang. Parallel entwickelte er eine Druckluftbremse für Nutzfahrzeuge: 1939 sind bereits rund 90 Prozent aller deutschen Lastwagen mit Geräten von Knorr-Bremse ausgerüstet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird Knorr enteignet, das Werk demontiert. Firmensitz wird nun München. 1985 übernimmt der Unternehmer Heinz Hermann Thiele Knorr-Bremse.