Klage: Unmenschliche Schinderei für Lidl?

HEILBRONN/MÜNCHEN - Die Verbraucherzentrale in Hamburg hat eine Klage gegen den Discounter eingereicht. Menschenrechtler berichten von Zuliefer-Firmen, bei denen Arbeiter ausgenutzt, sexuell genötigt werden - für 30 Euro Lohn.
Bubenhosen für 3,99 Euro, je zwei T-Shirts für 4,99 Euro – „Lidl lohnt sich“, wirbt der Discounter. Nicht nur für den Geldbeutel der Kunden, auch für die Mitarbeiter trage die Kette Sorge. Jugendliche bekämen bei Lidl eine Ausbildung. Auch bei den Zulieferbetrieben im Ausland setze Lidl Maßstäbe – etwa mit einem Projekt für peruanische Frauen.
Ein verantwortungsvoller Einzelhändler? Die Verbraucherzentrale Hamburg ist anderer Meinung. Sie hat am Donnerstag Klage gegen Lidl eingereicht. Es geht um „unlauteren Wettbewerb“, konkret um den Vorwurf, dass Lidl die Öffentlichkeit über die Arbeitsbedingungen seiner Lieferanten täuscht.
Unmenschlich lange Arbeitstage ohne Überstunden-Zuschläge, sexuelle Nötigung von Näherinnen, willkürliche Kündigungen, sobald Arbeiterinnen schwanger werden oder versuchen, einen Betriebsrat zu gründen – der Alltag der Beschäftigten in manchen Nähereien, die für Lidl arbeiten, kann die Hölle sein. Dies ergab jedenfalls eine Studie zweier Menschenrechts-Organisationen, die die Arbeitsbedingungen von vier Firmen in Bangladesch untersuchten, die für Lidl nähen. Die Näherinnen würden zwar den Mindestlohn von 30 Euro pro Monat verdienen, doch sei dies viel zu wenig, um sich und ihre Familien über Wasser zu halten.
Pikant: Lidl rühmt sich seiner Mitgliedschaft in der „Business Social Compliance Initiative“, die sich zum Ziel gesetzt hat, bestimmte Sozialstandards bei ihren Lieferanten zu erreichen. Doch die Mitgliedschaft sei völlig unverbindlich, kritisiert Menschenrechtlerin Gisela Burckhardt. „Lidl betreibt Schönfärberei, mit dem BSCI-Kodex wollen sich Discounter ein Sozialmäntelchen umhängen, aber die Lage der Arbeiterinnen verbessert sich nicht."
Das Unternehmen selbst äußert sich zu den Vorwürfen zur AZ nur sehr knapp: „Zum derzeitigen Vorstoß der Verbraucherzentrale Hamburg nehmen wir keine Stellung.“