Keine Rosinen mehr

FRANKFURT/MAIN - Eine aktuelle Studie legt offen: Die Wirtschaftskrise hat die Manager von morgen erreicht. Die Jobsuche wird für sie schwieriger.
Die weltweiteWirtschaftskrise hat die deutsche Nachwuchselite erreicht. Nicht wenige „Manager von Morgen“ befürchten, dass ihre Karriere beendet ist, bevor sie richtig begonnen hat. Offensive Strategien wie ein umfassendes Networking und der Karriereschritt ins Ausland, die noch in der Vorläuferstudie 2007 eine große Rolle spielten, sind heute als Einstellungen bei den Jungmanagern überhaupt nicht mehr auffindbar. Sie haben Platz gemacht für defensive Verhaltensweisen, um den eigenen Status quo nicht zu verlieren, wie die „Young Executives' Study – YES 2.0“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) aufzeigt. „Die Analyse der Umfrageergebnisse offenbart die tiefe Verunsicherung der jungen Elite. Die einzige Konstante ist das Vertrauen in die eigenen Stärken“, kommentiert Marius Möller, Personalvorstand bei PwC. Annähernd 90 Prozent der Nachwuchsmanager sind zwar davon überzeugt, dass sie auf Grund ihrer Fähigkeiten und guten Ausbildung die Krise unbeschadet überstehen werden.
Aber den jungen Führungskräften wird allmählich bewusst, dass auch sie sich nicht mehr über gewisse Rahmenbedingungen hinwegsetzen können. Ein Arbeitsplatzwechsel wird derzeit sorgfältiger denn je überlegt. „Die guten Leute wechseln derzeit ihre Arbeitsplätze nicht oder nur ungern, weil sich keiner auf eine Probezeit einlassen kann“ und: „Rosinenpicken geht nicht mehr“, formulierten zwei Befragte in den Vorgesprächen zur Studie. „Die Krise hat den Blickwinkel der Nachwuchsmanager auf potenzielle Arbeitgeber stark verändert. Gesucht sind derzeit Unternehmen, die eine nachhaltige Karriereentwicklung bieten. Dies eröffnet den Personalabteilungen der ,stillen Champions' und etabliertenMittelständler neue Rekrutierungsoptionen“, erläutert Möller. Generell gestiegen ist die Sensibilität der befragten Nachwuchsmanager für soziale Probleme. Das „Auseinanderdriften von Arm und Reich“ bewerten 87 Prozent als wichtiges oder sehr wichtiges Problem, 2007 waren es erst 70 Prozent. Auch der „Zerfall der Gesellschaft in Teilgruppen" macht mehr Befragten Sorgen (71 Prozent) als vor zwei Jahren (66 Prozent).
Krisenresistente Macher dominieren. Auf Basis der Einstellungender Befragten, ihrer Bewertungen gesellschaftlicher Probleme und der Folgen der Wirtschaftskrise lassen sich vier Typen von Führungskräften identifizieren.
Die jungen Pessimisten sind eine Gruppe, der sich 20 Prozent der Befragten zuordnen lassen. Auf sie hat die Krise den im Vergleich stärksten Eindruck gemacht. Für diese Nachwuchsmanager war die spätere Karriere schon während der Schulzeit wichtig (68 Prozent). Gleichzeitig befürchten überdurchschnittlich viele (50 Prozent), dass die Krise ihren beruflichen Aufstieg zumindest verlangsamt. Zudem sind die Vertreter dieser Gruppe überdurchschnittlich problembewusst: Die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich ist für 95 Prozent ein sehr wichtiges Thema.
Die erfahrenen Netzwerker nehmen die Krise durchaus ernst. Zu dieser Gruppe zählen 23 Prozent der Befragten. Dort sind mit 70 Prozent überdurchschnittlich viele der Ansicht, dass die Talsohle noch längst nicht durchschritten ist. Dennoch glauben nur vergleichsweise wenige (26 Prozent), dass die Krise ihre Karriere beeinträchtigt.
Die konzentrierten Pragmatiker (28 Prozent) zeichnen sich durch eine vergleichsweise unaufgeregte Bewertung der Krise und ihrer Folgen aus. Sie sehen ihre Chancen weitaus häufiger im Ausland als die Mitglieder der anderen Gruppen, und sind auch eher dazu bereit, das Familienleben zu Gunsten der Karriere einzuschränken (98 Prozent).
Die relativ größte Gruppe stellen die krisenresistenten Macher (29 Prozent). Sie sehen nicht nur die eigene Laufbahn, sondern auch die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt mit einem bemerkenswerten Optimismus. So schätzen 96 Prozent ihre Karrierechancen als gut oder sehr gut ein, und 90 Prozent glauben, dass die Wirtschaft nach einer gewissen Zeit „weiterläuft wie bisher".
An der aktuellen Studie beteiligten sich 302 karriereorientierte Führungskräfte unter 40 Jahren.