Keine Diskussion!

Der AZ-Chefredakteur Arno Makowsky über das „Unwort des Jahres“
von  Abendzeitung
Der AZ-Chefredakteur Arno Makowsky.
Der AZ-Chefredakteur Arno Makowsky. © abendzeitung

Der AZ-Chefredakteur Arno Makowsky über das „Unwort des Jahres“

Für jeden Journalisten, der die Wahl von „alternativlos“ zum „Unwort des Jahres“ kommentiert, gibt es einen Pflichtgag. Also machen wir ihn gleich: Die Wahl war nicht alternativlos. Hihi! So lustig. Das hätten wir, jetzt kommt die tiefgründige Analyse. Schließlich gilt es, die Arbeit eines ehrwürdigen, professoral-höchstgebildeten Gremiums zu würdigen , das diesen Begriff aus genau 624 Vorschlägen ausgewählt hat. 624! Man könnte jetzt fragen: War da nichts Besseres dabei?

Tun wir aber nicht, sondern sagen: Respekt. Vor allem für die tiefschürfende Begründung, die von den Sprachforschern stets mitgeliefert wird. Sie lautet: Das Wort „alternativlos“ suggeriere zu Unrecht, dass keine Diskussion mehr notwendig sei. Keine Diskussion – das ist in unserer Laber- und Therapie-Gesellschaft natürlich undenkbar. Politiker dürfen deshalb auf keinen Fall etwas für „alternativlos“ halten, vor allem Kanzlerinnen nicht. Weil das nämlich die Politikverdrossenheit fördert. Zum Beispiel war es keineswegs alternativlos, Griechenland in der Finanzkrise zu unterstützen. Nein, eine prima Alternative wäre gewesen, Europa komplett den Bach runtergehen zu lassen.

Unser Mitgefühl gehört an dieser Stelle trotzdem Bundeskanzlerin Angela Merkel. Erst kritisieren alle, dass sie ewig herumeiert, anstatt zu entscheiden. Und dann hält sie mal etwas forsch für alternativlos – und wieder ist es nicht recht. Da hatte es ihr Vorgänger einfacher. Für Gerhard Schröder hieß „alternativlos“ einfach „Basta“. Und alle fanden es toll.

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