Kein Anstieg: Ebbe in der Rentenkasse
MÜNCHEN - Erhöhung ade: Nur die Rentengarantie verhindert, dass die Bezüge der Ruheständler heuer nicht kräftig sinken. Rein rechnerisch müssten Senioren sonst ein Minus von 2,1 Prozent verkraften.
Früher war der 1. Juli für Ruheständler ein guter Tag. Zur Mitte des Jahres wurden die Renten erhöht. Heuer gibt’s aber nichts. Wegen der schlechten Wirtschaftslage müssen Senioren sogar froh darüber sein, dass die gesetzliche Rentengarantie eine Kürzung ihrer Bezüge um gut zwei Prozent verhindert. Die Garantie schmälert noch dazu künftige Rentensteigerungen.
Die Rentenerhöhung richtet sich unter anderem nach der so genannten Bruttolohnsumme je Arbeitnehmer, die das Statistische Bundesamt errechnet. Im vergangenen Jahr gab es zwar für manche Branchen Lohnerhöhungen, allerdings schlugen Stellenabbau, Kündigungen und Kurzarbeit zu Buche und drückten den Schnitt um 0,96 Prozent.
Dazu kamen der Riester-Faktor und der Nachhaltigkeits-Faktor. Beide bremsen den Rentenanstieg. Der Nachhaltigkeits-Faktor richtet sich nach der Zahl der Ruheständler im Vergleich mit der Zahl der Beschäftigten. Steigt die Zahl der Rentner gegenüber der der Beschäftigten, mindert der Nachhaltigkeits-Faktor eventuelle Rentensteigerungen, um die Beitragszahler nicht zu überfordern. Zurzeit drückt der Nachhaltigkeits-Faktor die Renten um 0,51 Prozent.
Der Riester-Faktor dämpft den Rentenanstieg ebenfalls. Er beträgt zurzeit 0,64 Prozent und wird damit begründet, dass die Arbeitnehmer das künftig sinkende Rentenniveau durch privates Sparen mit der Riesterrente ausgleichen sollen. Diese zusätzliche Belastung für die Beitragszahler sollen – so die Logik des Riester-Faktors – die jetzigen Rentner durch einen geringeren Rentenanstieg mittragen.
Alles zusammen – Riester-Faktor, Nachhaltigkeits-Faktor und schlechte Arbeitsmarktlage – führt heuer dazu, dass die Renten im Westen allein im Jahr 2010 eigentlich um 2,1 Prozent sinken müssten. Dies verhindert die Rentengarantie. Allerdings wirkt sie wie eine Hypothek auf die Zukunft, denn sie wird mit künftigen Rentensteigerungen verrechnet.
Zu allem Überfluss addieren sich zu dem aktuellen Minus die Belastungen früherer Jahre. Damals hatten allein Riester- und Nachhaltigkeitsfaktor zu einer rechnerischen Minderung der Renten geführt, die ebenfalls in die Zukunft verschoben wurde. Alles in allem schiebt das System der gesetzlichen Rentenversicherung also eine milliardenschwere Hypothek vor sich her. Rein rechnerisch müssten die Renten im Westen deswegen sogar um 3,81 Prozent sinken. Steigen die Löhne heuer und in den kommenden Jahren, wird die Steigerung erst mit der Garantie verrechnet, bevor sich die Ruheständler über ein Plus auf dem Konto freuen dürfen.
Dabei gilt: Das Minus muss nicht auf einmal ausgeglichen werden. Boomt der Arbeitsmarkt heuer und steigen die Löhne deutlich, könnten die Renten also 2011 theoretisch wieder steigen. Die wirtschaftliche Entwicklung müsste aber wirklich glänzend sein. Realistisch ist das aus heutiger Sicht noch nicht. sun
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