Karstadt-Mitarbeiter: „Wir sind überglücklich“
MÜNCHEN - Erleichterung bei den Karstadt-Mitarbeitern: Der Berggruen-Kauf ist perfekt – die Warenhauskette damit gerettet. Doch schon warnen die ersten vor einer schweren Zukunft des Konzerns
Aufatmen im Karstadt-Oberpollinger: „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen“, sagt Mitarbeiterin Susann Kubiak (28). „Wir sind überglücklich, heute ist der glücklichste Tag seit 15 Monaten“, sagt ihr Kollege Stefan Marder (51).
Beide Münchner strahlen. Und beiden steht die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Erst vor ein paar Minuten haben sie erfahren, dass das Amtsgericht Essen dem Insolvenzplan zugestimmt hat. Und damit Karstadt und ihre Arbeitsplätze gerettet sind. „Jetzt können wir wieder nach vorne blicken“, sagt Marder, der seit 29 Jahren bei Karstadt arbeitet. „Gerade in den letzten Tagen waren wir doch alle extrem angespannt.“
Am Montag will der Betriebsrat die Belegschaft umfassend informieren. „Dann gibt’s auch Sekt“, sagte Betriebsrat Franz Vogel der AZ. „Ganz klar, dass wir jetzt gebührend feiern müssen.“
Seit Freitag ist es amtlich: 15 Monate nachdem der Konzern Insolvenz anmelden musste, übernimmt Investor Nicolas Berggruen das Ruder. „Ich bin sehr glücklich über den Kauf“, sagte Berggruen in Berlin vor Mitarbeitern des Unternehmens. „Karstadt wird ein aufregendes Leben haben, und ich bin irrsinnig glücklich, dass ich dabei bin.“
Es war eine Rettungsaktion in letzter Minute. Erst einen Tag vor dem festgesetzten Gerichtsentscheid hatten die Highstreet-Gläubiger den von Berggruen geforderten reduzierten Mieten für die Karstadt-Filialen zugestimmt. Doch auch am Freitag blieb es spannend: Noch am Vormittag fehlten zwei Unterschriften, der Mietvertrag zwischen Berggruen und dem Immobilien-Konsortium war damit immer noch nicht gültig. Das Essener Amtsgericht verschob zum fünften Mal und nur für einige Stunden seine Entscheidung. Mittags jedoch waren alle Unterschriften da, um 14.10 Uhr gab das Gericht grünes Licht: Der Kauf ist perfekt.
Doch wie geht es jetzt weiter mit dem Konzern, seinen 120 Filialen und 25000 Mitarbeitern? In die Freude über die Rettung mischt sich bei einigen bereits die Sorge um die Zukunft. „Natürlich bin ich jetzt erstmal erleichtert“, sagte Georg Wäsler von der Gewerkschaft Verdi der AZ. „Aber wir dürfen nicht so tun als würden die Mitarbeiter ins Paradies entlassen. Auf alle werden harte Zeiten zukommen – der Konzern ist schließlich nicht grundlos insolvent. Das wird ein echter Kraftakt.“ Er rechne nicht mit Entlassungen – zumindest kurzfristig seien die Arbeitsplätze sicher. „Aber mittelfristig kann viel passieren, auch der Abbau von Arbeitsplätzen ist möglich.“
Auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) warnte vor zu viel Euphorie: „Karstadt ist noch nicht über den Berg.“ oss/gb