Jubel im Nebel
Die Qualmverbote in Baden-Württemberg und Berlin sind verfassungswidrig. Im Freistaat sieht man allerdings auch nach dem Urteil keinen Handlungsbedarf und möchte alles beim Alten lassen. Doch hat Bayern ein Rauchverbot, das keine Ausnahmen zulässt? Ein Kommentar von Georg Thanscheidt.
Das Verfassungsgericht urteilt - und alle jubeln: Die Raucher in 14 Bundesländern, weil die höchsten Richter das Rauchverbot in Einraumkneipen gekippt haben. Die Nichtraucher, Ärzte und Gesundheitspolitiker, weil die Richter auch die Verhängung eines generellen Rauchverbots in allen Kneipen für verfassungsgemäß halten. In Bayern fühlen sich erst recht alle bestätigt: Die CSU, weil sie nach dem Urteil „keinen Handlungsbedarf“ sieht und alles beim Alten belassen möchte. Und die Opposition, weil sie die bayerische Regelung wanken sieht und wahlweise die Abschaffung der Raucherclubs und ein Rauchverbot im Bierzelt (Grüne) oder die Legalisierung der Raucherclubs (FDP) fordert.
Fakt ist: Im Rest der Republik darf in Einraumkneipen bis auf weiteres wieder gequalmt werden, wenn sie sich zu Raucher-Wirtschaften deklariert haben. Komplizierter ist es – wie sollte es auch anders sein – in Bayern. Ministerpräsident Beckstein sagt: Wir haben ja ein Rauchverbot, das keine Ausnahmen zulässt – das Gesetz bleibt, wie es ist. Kritiker, wie KVR-Chef Blume-Beyerle, sagen hingegen: Das Gesetz lässt wohl Ausnahmen zu, wie die Existenz von 800 Raucherclubs in München beweist. Es gilt somit kein striktes Rauchverbot – also muss das Gesetz geändert werden.
Rauchern und Nichtrauchern ohne zweites juristisches Staatsexamen mögen beide Argumentationslinien ein wenig das Hirn vernebeln. In Kürze entscheiden die Verfassungsrichter in einem weiteren Verfahren über die bayerische Regelung. Dann könnte sich der Dunst lichten – und nur noch einer jubeln.
Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der Abendzeitung.