Joe Kaeser hat gute Nachrichten
Mehr Aufträge, mehr Umsatz, mehr Gewinn – mit breiter Brust ist Siemens-Chef Joe Kaeser gestern in der Olympiahalle vor die Aktionäre getreten. Die Weltwirtschaft dürfte sich weiter eintrüben, aber für Siemens werde 2016 ein gutes Jahr werden, sagte Kaeser auf der Hauptversammlung und hob die Gewinnprognose an.
„Fulminant“, „Weltklasse“, „hervorragend“, so beschrieb der Vorstandschef die Leistungen der Geschäftsfelder unter seiner Führung. Mit dezenten Vergleichen mit der Ära seines Vorgängers Peter Löscher wollte er die Erfolge noch unterstreichen. In den zwei Jahren unter seiner Verantwortung habe Siemens die ursprüngliche Prognose gehalten, sagte Kaeser. Das Projekt- und Risikomanagement sei heute besser, „die Sonderbelastungen sind deutlich gesunken“. Der Abwärtstrend im Industriegeschäft sei gestoppt. Nach Jahren des Umsatzrückgangs sei mit dem Umsatzwachstum im ersten Quartal jetzt die Trendwende eingeleitet. „Ich gehe davon aus, dass wir diese Trendwende im zweiten Quartal deutlich verstärken“, sagte Kaeser.
„Da klingen die Ziele wie Musik in unseren Ohren“
Das Auftragsbuch sei mit 114 Milliarden Euro so voll wie noch nie. Der Gewinn legte nach dem Wegfall von Sonderlasten schon im ersten Quartal um fast die Hälfte zu. Siemens werde nun wachsen und die Profitabilität steigern, versprach Kaeser den Aktionären. „Da klingen die Ziele wie Musik in unseren Ohren“, sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Union-Investment-Fondsmanager Ingo Speich forderte Kaeser gar auf, seinen 2018 auslaufenden Vertrag bis mindestens 2020 zu verlängern.
Trotzdem gibt es im Konzern und bei den Aktionärsvertretern einige Baustellen. Vor allem die Entwicklung der Siemens-Aktie stimmte die Anteilseigner missmutig. Dieser sei im Vergleich zum Dax „äußerst unerfreulich“, sagte etwa Daniela Bergdolt. Nach einem langen „Tal der Tränen“ wolle man jetzt endlich wieder „stolze Siemens-Aktionäre“ sein. Zudem belasten im Öl- und Gasgeschäft die niedrigen Ölpreise. Und der milliardenschwer zugekaufte US-Ölzulieferer Dresser-Rand sei „weder ökonomisch noch ökologisch ein Glücksgriff“ gewesen, stellte Ingo Speich fest.
Überhaupt habe er den Eindruck, dass vom „grünen Portfolio“ des Kaeser-Vorgängers Peter Löscher nicht viel übrig geblieben sei. Auch Umweltschützer kritisieren einige Engagements von Siemens, beispielsweise in Teilen Süd- und Mittelamerikas. Zustimmung erhielt Kaeser für den Kurs, den er in Richtung Industrie 4.0 fährt. In der „Digitalen Fabrik“ mit industrieller Software sei Siemens mit Abstand Weltmarktführer. Ein Wachstumsträger 2016 werde die Zugsparte sein. „Sie steht blendend da“, sagte Kaeser. In der Medizintechnik – im ersten Quartal der größte Gewinnbringer – sei „Siemens heute das Maß aller Dinge“.