Jamaika, ja bitte!
Die Grünen müssen sich lösen vom Rockschoß der SPD - AZ-Politikredakteur Markus Jox über die Farbendebatte der Parteien
Eine große Bitte an die politische Klasse: Bitte verschonen Sie uns künftig mit dem Gebrabbel vom „Steigbügelhalter“, den Partei X auf keinen Fall für Parteien Y und Z zu sein gedenke. Abgesehen davon, dass im Dunklen bleibt, wer der Reiter und wer das Ross ist, wenn – wie jetzt im Saarland – die Grünen wieder mal als „Steigbügelhalter“ für Schwarz-Gelb verunglimpft werden: Die Metapher ist nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich schräg.
Im Saarland haben sich die Grünen mit fast 80 Prozent für eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP entschieden. Sowohl die Inhalte als auch die Ministerposten, die sie verhandelt haben, können sich sehen lassen. Wenn das nun just die SPD kritisiert, ist das heuchlerisch: Haben die Genossen doch selbst kein Problem damit, wahlweise mit CDU (will Matschie in Thüringen), FDP (wollte Steinmeier im Bund), Linken (macht Wowereit in Berlin und jetzt auch Platzeck in Potsdam) oder Grünen (machen die Sozis in Bremen) zu regieren, sobald Pöstchen und Pfründe winken.
Diejenigen Grünen wiederum, die Jamaika für den Sündenfall halten, sollten zur Kenntnis nehmen, dass sich Milieus und Parteien seit den 80er Jahren verändert haben. Dass Grünen-Wähler in manchen Landstrichen längst konservativer sind als Parteifunktionäre in Berlin. Und dass es strategisch überfällig ist, sich vom Rockschoß der untreuen SPD zu lösen.
Im Übrigen tun SPD, Grüne und Linke im Bund gut daran, sich jetzt nicht über Farbenspielchen zu zerfleischen, sondern ihren Job zu machen. Und der ist, Schwarz-Gelb penibelst auf die Finger zu sehen.