Ist der Rücktritt angemessen?
Pro & Kontra: Die AZ-Redakteure Katharina Rieger und Volker Isfort über den Eklat auf dem Nockherberg und den Fastenprediger Michael Lerchenberg.
Pro
Betrachten wir den Fall Nockherberg mal ganz nüchtern: Zwei freie Autoren werden von einer Brauerei gebeten, einen Text zu liefern. Einer von ihnen soll diesen vortragen. Der Vortrag wird live im TV gesendet.
Der Auftraggeber findet bei der Abnahme des Textes den Vergleich mit einem KZ zwar schwierig, vertraut aber darauf, dass die Autoren ihr Geschäft verstehen. Die Autoren lassen die Stelle drin – ein fataler Fehler. Einen KZ-Vergleich hat im öffentlichen Leben der Republik noch keiner überlebt. Und der Nockherberg ist wohl kaum der passende Anlass, um eine Grundsatzdebatte zum Thema „NS-Vergleiche“ zu entfachen.
Dass der Redner die Stelle in der Live-Sendung auch noch verstärkt, ist bloß noch eine Petitesse. Er hat sich mit dem Tabubruch unmöglich gemacht, sein Rückzug ist daher richtig. Wie und ob es auf dem Nockherberg weitergeht, steht auf einem anderen Blatt.
Kontra
Es ist keine Geschmacksfrage, KZ-Vergleiche oder Nazi-Anspielungen gehen immer schief. Und sie haben auch schon viele Menschen ihre Stellung gekostet. Trotzdem ist Michael Lerchenbergs gründlichmisslungener Witz während der Fastenpredigt keine Staatsaffäre.
Als Barnabas bekleidet er kein öffentliches Amt. Er hat lediglich die heilige Pflicht, den Oberen scharf und satirisch eine einzuschenken. Diesmal sind mehr als ein paar Tropfen danebengegangen. Dass Lerchenberg mit dem eigenen Rücktritt dem sicheren Rauswurf zuvorgekommen ist, ehrt ihn.
Aber es wäre nicht nur auf dem Nockherberg erwägenswert, verbale Fehltritte mit einer öffentlichen Entschuldigung aus der Welt schaffen zu können. Im Klima der aufgebauschten Erregung bekommt man ja fast den Eindruck, Lerchenberg habe Millionen Steuergelder verjubelt. Stimmt nicht, das waren Teile seiner Zuhörer.
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