Israelischer Konzern schluckt Ratiopharm

Der Generika-Weltmarktführer Teva will mit der Übernahme die Expansion in Europa vorantreiben. Der Betriebsrat freut sich über den Zuschlag für den „Wunschkandidaten“.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Produktion bei Ratiopharm in Blaubeuren: Nachdem sich Firmenchef Adolf Merckle mit VW-Aktien verspekuliert hatte, musste die Perle seines Unternehmens verkauft werden. Foto: ddp
az Produktion bei Ratiopharm in Blaubeuren: Nachdem sich Firmenchef Adolf Merckle mit VW-Aktien verspekuliert hatte, musste die Perle seines Unternehmens verkauft werden. Foto: ddp

ULM - Der Generika-Weltmarktführer Teva will mit der Übernahme die Expansion in Europa vorantreiben. Der Betriebsrat freut sich über den Zuschlag für den „Wunschkandidaten“.

Sie kamen zur Charmeoffensive, und sie hatten Erfolg: Ende Februar besuchte eine Delegation des israelischen Pharmaherstellers Teva den deutschen Konkurrenten Ratiopharm in Ulm. Es ging um den Verkauf von Ratiopharm, der Perle aus dem ehemaligen Merckle-Imperium. Jetzt ist der Deal pefekt, und die Erleichterung in Ulm groß: „Teva war unser Wunschkandidat“, freut sich Betriebsratschef Odo Maxein.

Ratiopharm musste verkauft werden, nachdem sich Adolf Merckle, der Anfang 2009 Selbstmord beging, mit VW-Aktien verspekuliert hatte. Teva (deutsch: Natur) produziert eigene Medikamente, unter anderem gegen Multiple Sklerose, verdient aber sein Geld vor allem als weltweit größter Anbieter von Nachahmer-Medikamenten („Generika“). In Deutschland ist die 1901 gegründete Firma bisher nur schwach vertreten. Den Hersteller umgibt die Aura eines Männerbundes: An der Spitze Ex-Panzergeneral Shlomo Yanai, der seine Mannen, viele von ihnen wie er Ex-Militärs, auf einen martialischen Eroberungskurs einschwört. Bis 2015 will er die Umsätze auf 31 Milliarden Dollar in etwa verdoppeln. Der Gewinn soll satte 22 Prozent der Erlöse betragen. Das wären fast sieben Milliarden Dollar.

Die Finanzkraft der Israelis und ihre Pläne für die deutschen Standorte dürften für den Zuschlag für Ratiopharm ausschlaggebend gewesen sein. Konkurrent Pfizer („Viagra“) und Teva lieferten sich zur Freude der Ulmer einen Bieter-Wettstreit. Bei 3,625 Milliarden Euro strich Pfizer die Segel. Zuvor hatten die Amerikaner versprochen, Ratiopharm international zu stärken, Teva kündigte dem Vernehmen nach aber noch mehr an: „Ulm soll die Europa-Zentrale von Teva werden“, freut sich ein Ratiopharm-Beschäftigter. Offiziell ist bisher aber nur, dass Teva Ulm zur Deutschlandzentrale machen wird. Der Dritte im Bieter-Rennen, der isländische Hersteller Actovis, war zuvor schon wegen seiner desolaten Finanzsituation ausgeschieden.

Teva will jetzt Marktführer in Deutschland werden, und die Krankenkassen beäugen die zunehmende Macht des Herstellers misstrauisch. Um die beherrschende Stellung der früheren Generika-Platzhirsche Ratiopharm, Stada und Hexal zu brechen, führten die Kassen 2007 die Rabattverträge ein. Die Verträge stärken kleinere Hersteller, indem sie festlegen, dass die Mitglieder einer bestimmten Kasse, wenn sie ein Rezept in der Apotheke einlösen, zwingend die Produkte eines bestimmten Herstellers bekommen. Vorreiter bei den Verhandlungen sind normalerweise die Ortskrankenkassen. Mitte April werden sie voraussichtlich neue Rabattverträge ausschreiben. Dass die Übernahme von Ratiopharm die Preise für Nachahmer-Medikamente in die Höhe treiben wird, ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Zu stark ist die Stellung der Kassen. sun

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
Teilen
lädt ... nicht eingeloggt
 
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.