Inflationszahlen beunruhigen Finanzwelt: Angst ums Geld

Ein Anstieg der Inflationsrate auf bis zu vier Prozent Inflation oder noch mehr ist möglich: Experten warnen vor den Krisen-Spätfolgen. Schuld ist die wachsende Nachfrage nach Rohstoffen und die Spekulation mit diesen Gütern.
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MÜNCHEN - Ein Anstieg der Inflationsrate auf bis zu vier Prozent Inflation oder noch mehr ist möglich: Experten warnen vor den Krisen-Spätfolgen. Schuld ist die wachsende Nachfrage nach Rohstoffen und die Spekulation mit diesen Gütern.

Eine Weißwurst kostete beim Metzger ein paar Milliarden Mark, in der Kirche ging bei der Kollekte statt des Klingelbeutels schon mal ein Wäschekorb herum. Die Inflation von 1914 bis 1923 stürzte bis dahin wohlhabende Familien in bitterste Armut, nur noch Sachwerte zählten.

Die Geldentwertung nach dem ersten Weltkrieg – ein Gespenst der Vergangenheit, das so schnell nicht zu neuem Leben erwachen dürfte. Doch die aktuellen Inflationszahlen beunruhigen die Finanzwelt.

Beunruhigend ist der Preisauftrieb in Großbritannien: Dort rechnet die Notenbank für 2011 mit fünf Prozent. In Deutschland liegen die Prognosen für 2011 bei gut zwei Prozent. Die Tendenz für die folgenden Jahre lautet jedoch: weiter steigend. „Ein Anstieg der Inflationsrate in den nächsten zwei bis drei Jahren bis auf vier Prozent ist durchaus möglich“, sagt der Chefökonom der Deutschen Bank, Thomas Mayer.

Schuld ist die wachsende Nachfrage nach Rohstoffen und die Spekulation mit diesen Gütern. Beschleunigt wird der Preisauftrieb von den Unsummen an billigem Geld, mit dem die Notenbanken in der Krise die Wirtschaft vor dem Absturz bewahrten. Steigt die Menge des vorhandenen Geldes schneller als die Menge der produzierten Waren und Dienstleistungen, steigen unweigerlich auch die Preise.

Deswegen müssten die Zentralbanken jetzt eigentlich ihre Zinsen erhöhen, um das überschüssige Geld wieder einzusammeln. Damit könnten sie aber die Wirtschaft in Europa, die sich gerade erst wieder stabilisiert hat, ausbremsen. Wahrscheinlich ist deswegen eine Gratwanderung der Notenbanker – eine moderate Zinserhöhung ab 2012, die die Inflation dämpft, aber nicht verhindert.

Das könnte zu einem schärferen Ton zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern führen. In Großbritannien versucht der Chef der Zentralbank bereits, die Bürger auf sinkende Realeinkommen einzustimmen. Dass sich die Gewerkschaften mit Lohnsteigerungen unterhalb der Inflationsrate zufrieden geben, ist aber nicht ausgemacht.

Genauso die Situation in Deutschland. DGB-Chef Michael Sommer mahnt eine „Steigerung der Massenkaufkraft in dem Bereich der unteren Löhne“ an – dies geht nur mit Tarifabschlüssen, die deutlich über der Inflationsrate liegen. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi fordert Lohnsteigerungen von zehn Prozent.

Angeheizt werden die Lohnerwartungen durch die gefühlte Inflation. Mit diesem Begriff beschreiben Experten den Eindruck besonders hoher Preissteigerungen, der entsteht, wenn Produkte des täglichen Bedarfs wie Obst oder Benzin teurer werden. Die gefühlte Inflation betrug im Dezember 3,25 Prozent und verschärfte die Angst vieler Arbeitnehmer, ihr Geld werde immer weniger wert – während die Gewinne der Unternehmen wieder sprudeln. sun

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