Immer mehr Deutsche gehen krank zur Arbeit

Die Folgen der Krise: Beschäftigte gehen immer öfter zur Arbeit, obwohl sie krank sind. Damit gefährden sie ihre eigene Gesundheit, aber auch die ihrer Kollegen.
von  Abendzeitung
Der Griff der zum Taschentuch gehört in dieser Jahreszeit schon fast zum Alltag
Der Griff der zum Taschentuch gehört in dieser Jahreszeit schon fast zum Alltag © AP

MÜNCHEN/BERLIN - Die Folgen der Krise: Beschäftigte gehen immer öfter zur Arbeit, obwohl sie krank sind. Damit gefährden sie ihre eigene Gesundheit, aber auch die ihrer Kollegen.

Wann ging es Ihnen zuletzt so: Sie fühlten sich nicht gut, eigentlich waren Sie krank – aber zur Arbeit geschleppt haben Sie sich trotzdem? Weil sonst ja zu viel liegen bleibt. Oder man Angst hat, der Job könnte wackeln, wenn man wegbleibt.

Krank zur Arbeit – in Deutschland kommt das immer öfter vor. Eine Untersuchung des wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen (Wido) zeigt: Mehr als zwei Drittel aller Beschäftigten sind im letzten Jahr mindestens einmal in die Firma gegangen, obwohl sie krank waren. Jeder Dritte schlug sogar den Rat seines Arztes in den Wind, zu Hause zu bleiben.

Grund dafür sind steigender Druck im Betrieb – und die Angst um den Job. So zeigt die Wido-Studie: Fast jeder Dritte Arbeitnehmer traut sich nicht, zu Hause zu bleiben, weil sonst in der Arbeit „zu viel liegen bleibt“. Jeder fünfte Beschäftigte gibt die „Angst vor Arbeitsplatzverlust“ als Grund an, jeder Zehnte fürchtet den „Ärger mit den Kollegen“.

Wer krank in die Arbeit geht, gefährdet die Kollegen

Problem dabei: Wer trotz gesundheitlicher Probleme weiter arbeitet, schadet sich langfristig selbst. „Man läuft Gefahr, Krankheiten zu verschleppen“, meint Katrin Macco vom Wido. So zeigt eine dänische Studie: Je häufiger jemand angeschlagen zur Arbeit geht, desto wahrscheinlicher und länger wird er in späteren Jahren krank.

Und: Er gefährdet damit die Kollegen. Das gilt insbesondere bei ansteckenden Krankheiten. „Bei grippalen Symptomen raten wir den Arbeitnehmern, auf jeden Fall zu Hause zu bleiben“, sagt Wolfgang Panter, Präsident des Verbands deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW). Nur so könne man mögliche Infektionsketten unterbrechen – etwa bei der Schweinegrippe.

Ähnlich wie die Wido-Studie stellt auch der VDBW eine stetige Zunahme psychischer Erkrankungen im Job fest. Bei Frauen machen sie laut Wido bereits ein Zehntel aller Krankheitsfälle aus. Bei Männern hat jede 16. Krankheitschreibung mit der Psyche zu tun.

Gönnen Sie sich ausreichend Schlaf!

Auch bei den psychischen Erkrankungen spielt steigender Leistungsdruck in der Arbeit eine Rolle. „Aber er ist nicht allein verantwortlich“, meint Experte Panter. Auch familiäre Beziehungen seien zunehmend instabil. „Wenn jemand Probleme im Job hat und zuhause nicht mehr aufgefangen wird, kann das zu seelischen Krankheiten führen.“

Wichtig sei in solchen Fällen in jedem Fall der Stressabbau, meint Panter. Dazu zählten auch ganz einfache Dinge wie genug Schlaf und sportliche Betätigung.

aja

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