Im Land des Lächelns
Frank Müller, der stellvertretende Chefredakteur der Abendzeitung über das Dauergrinsen in Politik und Sport.
Schon wahr, in unserem Land ist lange genug und zurecht über Trauerkloßmentalität und herabhängende Mundwinkel geklagt worden. Lange her. In diesen Tagen legen öffentliche Persönlichkeiten ein Dauerlächeln übers Land, es prasselt geradezu auf uns ein: entblößte (zum Glück zahnkosmetisch meist einwandfreie) Beißerreihen, wohin man sieht.
Nehmen wir nur Barack Obama, der am Donnerstag ab 10.03 Uhr Berlin in Grund und Boden lächelte, womit er nicht nur bei unserer von Tag zu Tag verschmitzter auftretenden Kanzlerin leichtes Spiel hatte. Sondern auch bei Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der Obama sofort sein entschiedenstes außenpolitisches Strahlegesicht entgegenreckte. Offenbar, das ist die Botschaft für uns Zuschauer, finden sich diese Menschen sympathisch, haben Spaß an ihrer Aufgabe und finden das Leben schön.
Das nehmen wir erleichtert lächelnd zur Kenntnis. Aber: Warum lächelt eigentlich Jürgen Klinsmann selbst dann noch dauernd, wenn seine Bayern-Truppe gerade untergeht und selbst die todsicherste Chance versiebt? Wurde da in einem der amerikanisch geprägten Psychoworkshops etwas zu nachdrücklich auf die Kraft positiver Energie abgestellt?
Da loben wir uns Marga Beckstein. Beim CSU-Parteitag sollte die Frau des Ministerpräsidenten mit auf die Bühne, hatte aber einfach keine Lust, und das sah man ihr auch an. Das war wohltuend. Leider aber siegte am Ende die Partei. Sie musste doch hinauf und setzte etwas auf, was wie ein Strahlen aussehen sollte. Wieder hat das Lächeln gesiegt.