Im Aufsichtsrat nicht nur "mal eine kluge Frage stellen"

Aufsichtsräte arbeiten schlampig, weil sie meist keine Kompetenz für den Job mitbringen
AZ Aktuellredaktion / Aktuelles |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Peter Dehnen: Der 57-Jährige Anwalt ist Vizepräsident von VARD und Geschäftsführer einer Aufsichtsrats-Agentur
Peter Dehnen: Der 57-Jährige Anwalt ist Vizepräsident von VARD und Geschäftsführer einer Aufsichtsrats-Agentur

 

AZ: Werden Sie heute auf der Hauptversammlung von Thyssen-Krupp sprechen?

PETER DEHNEN: Nein. Wir vertreten weder Aktionäre, noch ist es unser Anliegen, öffentlichkeitswirksam aufzutreten. Unser Brief an Herrn Cromme hat mit der Gesamtmengenlage zu tun.

Erklären Sie es uns.

Die Situation bei Thyssen-Krupp ist nicht plötzlich entstanden. Seit Monaten gibt es in dem Konzern immer wieder neue Vorkommnisse. Cromme ist mit dem Unternehmen sehr eng verbunden, und einzelne Sachverhalte sind nur schwer zu verstehen.

Sie sprechen jetzt von dem Debakel mit dem Stahlwerk in Brasilien...

Es ist ein nachhaltiger Vermögensschaden entstanden, die Hälfte des Stammkapitals ist weg. Man weiß nicht, was morgen oder was übermorgen kommt.

Wenn Sie danach gehen, was in einem Konzern schiefläuft, müssten Sie auch den Rücktritt Crommes vom Posten des Siemens-Aufsichtsrats fordern. Dort läuft auch nicht alles rund.

Das zu fordern, ist nicht unsere Sache. Wir sehen Cromme als Schöpfer des Corporate Governance Kodex. Er steht in einer besonderen Verantwortung. Wir brauchen eine neue Generation von Aufsichtsräten, für die Professionalität im Vordergrund steht. Da geht es nicht nur um Cromme selbst, da geht es auch um Aufsichtsräte wie Klaus Wowereit und Manfred Platzeck. Es geht um Kontrollkompetenz.

Wenn man sich die Lebensläufe deutscher Aufsichtsräte ansieht, findet man allerhand Wundersames, beispielsweise jemanden, der über die „Berufsethik von deutschen und britischen Journalisten“ promoviert hat – wie kann der sich für ein Mandat etwa bei BMW qualifizieren?

Diese Frage zu stellen heißt, sie zu beantworten. Ein anderes Beispiel wäre die frühere Karstadt-Aufsichtsrätin Doris Schröder-Köpf. Wer lässt es zu, dass jemand, der nicht über die nötigen Kompetenzen verfügt, solch ein Amt übertragen bekommt – und wie kann dieser jemand das Amt übernehmen?

Eine der Begründungen für ihre Berufung, die zu hören war lautete, Schröder-Köpf könne ihre Kontakte einbringen. Das hieße, im Aufsichtsrat geht es weniger ums Kontrollieren als ums Knüpfen von Seilschaften.

Da müssen wir umdenken. Ein anderes Thema ist die Größe der Aufsichtsräte. Stellen Sie sich das bei Thyssen-Krupp mal vor: 20 Aufsichtsräte um einen Tisch, dazu im Hintergrund Berthold Beitz, der Vorsitzende der Krupp-Stiftung, außerdem der komplette Unternehmensvorstand. Wie soll da eine Entscheidung getroffen werden? Die Arbeit des Aufsichtsrates hat mit Bilanzierung, mit Compliance zu tun. Wenn Sie Aufsichtsräte mit einer tatsächlichen Kontrollkompetenz haben – also nicht nur mit ein bisschen Ahnung, damit sie auch mal eine kluge Frage stellen können – , dann brauchen Sie keine 20 Leute, da reicht die Hälfte. Interview: sun

 

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
Teilen
lädt ... nicht eingeloggt
 
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.