Im Abseits

AZ-Redakteurin Anja Timmermann über die Linke
Oskar Lafontaine ärgert sich wie selten: „Während Amerika über die Milliardäre diskutiert, spricht Deutschland über Klaus Ernst.“ Nun wird der ein oder andere vielleicht doch noch über Wetter, Urlaub, Fußball oder andere Dinge reden, aber wenn es um die Linke geht, dann in der Tat um die seltsame Rolle des Parteichefs und nicht um die Rente mit 67 – eines ihrer Lieblings-Kampfthemen.
Schuld daran ist nicht der böse Klassenfeind, sondern die Linke und auch ihr Parteichef selbst. Der Bayer Klaus Ernst hat die West-Linke mitgegründet, steht nun an der Spitze der fünften Kraft in der Parteienlandschaft – und war schon immer mit viel Selbst- und Sendungsbewusstsein ausgestattet. Was auch immer an den Vorwürfen der manipulierten Wahlen (oder hohen Bezüge) dran ist: Vorstellbar wär’ es schon, dass der Schweinfurter Sonnenkönig nicht glaubt, dass alle schnöden Regeln auch für ihn gelten. Erschreckend ist aber auch der Zustand seiner Partei, im Westen, wo sich schon die Ost-Linken für die Spinner-Dichte schämen, und speziell in Bayern mit den Schlammschlachten und Grabenkriegen.
Vermutlich gehört es zum Wesen neuer Parteien, zumal so ideologie-aufgeladener, dass sie solche Anfangskämpfe ausfechten müssen. Solange sie das tut und damit ausreichend beschäftigt ist; solange sie auch stur in ihrem Total-Oppositions-Eckchen verharrt (siehe Gauck-Wahl), solange wird sie keine Rolle im Machtgefüge spielen.