Hohe Schuldenkrise: Die griechische Pein

Die Spekulanten freuen sich über die Schuldenkrise des Landes. Gehen deutsche Milliarden nach Athen? Am Montag finden Beratungen mit EU-Währungskommisar Rehn statt, am Freitag kommt Papandreou nach Berlin.
von  Abendzeitung
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FRANKFURT/ATHEN - Die Spekulanten freuen sich über die Schuldenkrise des Landes. Gehen deutsche Milliarden nach Athen? Am Montag finden Beratungen mit EU-Währungskommisar Rehn statt, am Freitag kommt Papandreou nach Berlin.

Solche Zinsen gibt’s selten: Wer jetzt eine Griechenland-Anleihe, die Ende August 2013 zurückgezahlt werden soll, ordert, darf sich auf eine Rendite von 6,55 Prozent freuen – mehr als viermal soviel, wie vergleichbare Bundesobligationen hergeben. Die Papiere gehen günstig her, denn die Zahl der Anleger, die sich sicher sind, dass Griechenland seine Schulden ordnungsgemäß zurückzahlen wird, sinkt.

Zum wiederholten Mal warnte der Bundesverband Deutscher Banken vor Panikmache – nachdem Deutsche-Bank-Boss Josef Ackermann zu einem Überraschungsbesuch nach Athen aufgebrochen war, um mit der Regierung und Bankern über die Kapitalversorgung des Landes zu konferieren. Am heutigen Montag trifft EU-Währungskommissar Olli Rehn in Athen ein und spricht mit der Regierung und Notenbankchef Georgios Provopoulos.

Eine gemeinsame Währung, aber keine gemeinsame Finanzpolitik – in der Griechenland-Krise rächt sich der Geburtsfehler der Währungsunion. Politiker und Banker haben Angst vor einem Zahlungsausfall, aber niemand will den Steuerzahlern der übrigen EU-Staaten Milliardenzahlungen für Griechenland zumuten, zumindest offiziell nicht.

Am Freitag kommt Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou nach Berlin, einstweilen wird sondiert und beratschlagt. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau könnte griechische Staatsanleihen aufkaufen, lässt sich ein Berliner Abgeordneter anonym zitieren – das wäre Nothilfe durch die Hintertür.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erwägt angeblich, Zahlungen für Griechenland in den neuen Bundeshaushalt mit aufzunehmen. Der Verfassungsrechtler Paul Kirchhof gibt dagegen den gnadenlosen Wächter der juristischen EU-Fundamente: Für den Fall, dass Staatshilfen für Griechenland beschlossen würden, empfiehlt er unzufriedenen Abgeordneten im „Spiegel“ „das Instrument der Organklage". Das Verfassungsgericht würde dann schon dafür sorgen, prophezeit Kirchhof, dass kein öffentlicher Cent nach Athen fließt.

In Griechenland wächst angesichts der EU-Sparvorgaben der Unmut der Bürger. Ein Verbraucherverband rief bereits zum Boykott deutscher Waren auf. Unbestritten ist aber in der griechischen Öffentlichkeit, dass öffentlicher Schlendrian den Staat in weiten Teilen lahmlegt. Dass die offiziellen Finanzdaten Griechenlands nicht belastbar seien, sei den Verantwortlichen in der EU schon 2004 bekannt gewesen, berichtet Europas oberster Statistiker Walter Radermacher. Der Generaldirektor des Europäischen Statistikamtes Eurostat sagte der „SZ“, die EU-Kommission hätte damals ohne Erfolg versucht, Eurostat mehr Rechte zu geben. „Die Mitgliedsstaaten haben uns nicht die Instrumente gegeben, mit denen wir die Krise hätten verhindern können.“

Währenddessen zittert Papandreou vor „katastrophalen Spekulationsaktivitäten“. Das „Wall Street Journal“ berichtete, Anfang des Monats hätten sich bekannte Namen der Szene bei einem exklusiven Dinner in einem Privathaus in Manhattan getroffen, um bei Filet Mignon und mit Zitrone gebratenem Hühnchen darüber zu sprechen, wie sie von der Schuldenkrise in der Eurozone profitieren könnten. Mit dabei sei auch ein Mitarbeiter von George Soros gewesen. Der genauso bewunderte wie gefürchtete Spekulant hatte 1992 gegen das britische Pfund gewettet und dabei rund eine Milliarde Dollar Gewinn gemacht.

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