Highnoon bei der BayernLB
Finanzminister Erwin Huber hat einen Befreiungsschlag gestartet und damit auf die sich dramatisch zuspitzende Krise der Landesbank reagiert: BayernLB-Chef Werner Schmidt muss gehen – aber auch Minister Huber selbst ist unter Druck.
MÜNCHEN Highnoon bei der Bayerischen Landesbank: Nachdem Finanzminister Erwin Huber selbst immer tiefer in die Turbulenzen um die Milliarden-Kreditkrise geriet, startete er am Mittag einen Befreiungsschlag. Bevor er am Nachmittag selbst zum Rapport vor den Landtag musste, feuerte er in einer Krisensitzung des Verwaltungsrates BayernLB-Chef Werner Schmidt.
Der 64-Jährige muss noch diese Woche seinen Platz räumen. Man einigte sich auf die offizielle Version: Schmidt selbst sei zurückgetreten. Zum 1. März übernimmt den Chefposten der bisherige Finanzvorstand Michael Kemmer (50). Er war erst 2006 von der HypoVereinsbank zur Landesbank gewechselt.
Die Krise um die Landesbank hatte sich dramatisch zugespitzt. Die Opposition warf Huber vor, im Landtag gelogen zu haben, und wedelte mit einem gewichtigen Beweisstück: einem Brief von Sparkassenpräsident Siegfried Naser, der dem Verwaltungsrat der BayernLB vorsitzt. Am 14.Februar hatte er darin die Sparkassen über die Vorgänge bei der Landesbank informiert. Naser schreibt, ihm und Huber seien am 12. Februar gegen 16.00 Uhr erstmals „hinreichend sichere“ Zahlen über die Belastungen der BayernLB mitgeteilt worden. Das war ein Dienstag.
Der Finanzminister dagegen hatte am Donnerstag, den 14. Februar, im Parlament gesagt, er habe erst am Tag zuvor, am Mittwoch also, in der Sondersitzung des Verwaltungsrates die Zahlen gehört. Huber im Plenum: „In dieser Sitzung habe ich, wie alle anderen Mitglieder des Verwaltungsrates auch, erstmals die Zahlen zum Jahresabschluss gehört, die ich Ihnen jetzt vortragen werde.“ Inzwischen musste er einräumen, dass er „inoffiziell“ einen Teil der Zahlen schon am Dienstag erfahren hatte. SPD-Fraktionschef Franz Maget: „Ein Rücktritt von Huber als Minister ist damit unvermeidbar.“ Auch der Rücktritt Schmidts könne ihn davor nicht retten.
Bereits vor Weihnachten hatte die AZ einen Hinweis, dass die BayernLB von der US-Hypothekenkrise mit einer Buchwertminderung von rund zwei Milliarden Euro betroffen ist. Die Landesbank bestritt das zu diesem Zeitpunkt energisch. Finanzminister Huber gab sich unwissend.
Am 24. Januar, bei der Pressekonferenz zu seinem Nachtragshaushalt, wurde Huber erneut von der AZ mit den Zahlen konfrontiert. Er dementierte zwar wieder, räumte aber kleinlaut ein, dass es wegen der US-Krise einen „höheren Korrekturbedarf“ als erwartet geben werde. Die Ermittlung der Zahlen nehme jedoch noch einige Zeit in Anspruch.
Offensichtlich wollten die Bayernbanker ihre Milliarden-Krise noch über die Kommunalwahlen hinweg verschleiern. Doch dann machten die Ratingagenturen Druck und forderten die Wahrheit über den Abschreibungsbedarf. Ohne den Finanzminister und den Verwaltungsrat zu informieren, wollte BayernLB-Chef Schmidt Anfang vergangener Woche mit den Zahlen an die Presse. Huber stoppte ihn und berief vergangenen Mittwoch den Verwaltungsrat ein. Vor dem Gremium bezifferte Schmidt nun die Belastungen der Bank aus dem Engagement bei zweitklassigen US-Immobilienkrediten auf 1,9 Milliarden Euro. Huber tobte. Vor allem über Schmidts Informationspolitik, für die er nun seit Tagen den Kopf hinhalten muss.
Gestern im Landtag war Huber angespannt wie nie zuvor. „Ich habe als Finanzminister und Verwaltungsrat meine Aufgabe mit bestem Wissen und Gewissen wahrgenommen“, versicherte er sichtlich nervös. An Rücktritt will er nicht denken. „Das ist ein reines Wahlkampfmanöver der SPD und der Grünen“, sagte er und bemühte sich um ein Lächeln. Ministerpräsident Günther Beckstein sprang ihm zur Seite. „Erwin Huber ist nicht beschädigt“, sagte er und schob die Schuld auf BayernLB-Chef Schmidt. „Das war eine massive und eklatante Kommunikationspanne, die uns völlig unverständlich war.“ Nach dem Führungswechsel hofft Beckstein jetzt auf Ruhe: „Wir hoffen, dass die Turbulenzen nicht noch größer werden.“ bö/jox