Hier wird Ihr Geld verschwendet

Eine Staatsbank, die Steuer-Milliarden frisst. Spielbanken, die nur Verluste machen. Und fünf teure Schwimmbäder, die die Bayern bezahlen müssen. Die Skandal-Beispiele des Rechnungshofs
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Bayerns Bermuda-Dreieck: Hier verschwinden unsere Steuern
az Bayerns Bermuda-Dreieck: Hier verschwinden unsere Steuern

Eine Staatsbank, die Steuer-Milliarden frisst. Spielbanken, die nur Verluste machen. Und fünf teure Schwimmbäder, die die Bayern bezahlen müssen. Die Skandal-Beispiele des Rechnungshofs

Dieser Bericht blamiert Bayerns Staatsregierung: Der Oberste Rechnungshof (ORH) enthüllt, wo im Freistaat Steuergelder verprasst werden. Auf 155 Seiten listen die Rechnungsprüfer in ihrem Jahresbericht 2009 die Millionengräber in Bayern auf. Die AZ stellt die spektakulärsten vor.

1 Die BayernLB: Die Skandalbank hat im vergangenen Jahr 5,1 Milliarden Euro Verlust gemacht und geht in diesem Jahr erneut von einer Milliarde Verlust aus. Trotzdem kassierten die beiden Eigentümer der Bank, der Freistaat und der bayerische Sparkassenverband, je 57 Millionen Euro aus einem angeblichen „Jahresüberschuss“. Der Rechnungshof kritisiert, dass eigentlich nur der Freistaat Geld hätte bekommen können – weil sich der Sparkassenverband nicht an der Rettung der angeschlagenen Staatsbank beteiligt hat. Der Freistaat pumpte 10 Milliarden Euro in die BayernLB – und vergab Garantien in Höhe von 4,8 Milliarden.

2 Der Haushalt: Rechnungshof-Präsident Heinz Fischer-Heidlberger zufolge ist die Staatsverschuldung Bayerns durch die Rettung der BayernLB um 50 Prozent gestiegen – auf 34 Milliarden Euro. Der Rechnungshof fordert Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) auf, einen Plan für die Tilgung der Schulden der Landesbank aufzustellen.

Weiterer Kritikpunkt: Bayern ist für schlechte Zeiten schlecht gerüstet: Falls durch die Finanzkrise weniger Steuern eingenommen werden, gebe es „keine Vorsorge“: „Alle vorhandenen Rücklagen sind inzwischen vollständig verplant und ausgegeben. Für die Finanzierung neuer Wünsche fehlt jeder Spielraum.“

3 Das Steuersystem: Bayerns Fiskus arbeitet zu nachlässig – deshalb geht der Staatskasse Geld verloren. Informationen werden an die falschen Stellen weitergeleitet, kritisiert der Rechnungshof. Außerdem kontrollieren die Finanzämter nach Einschätzung der Rechnungsprüfer zu wenig. Eine Stichprobe bei der Grunderwerbsteuer des Rechnungshof ergab nachträgliche Steuerzahlungen von über einer Million Euro.

4 Das Notruf-System: 70 Millionen Euro gibt Bayern für 26 neue Leitstellen aus. Von dort sollen die Notrufe, die unter der Telefonnummer 112 eingehen, koordiniert werden. Die Kosten betragen bereits mehr als das Doppelte von dem Betrag, der ursprünglich ausgegeben werden sollte. Und nur ein Drittel der Leitstellen seien in Betrieb. Der Rechnungshof ruft Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dazu auf, das Projekt „endlich konsequent“ voranzutreiben.

5 Der Wald: „Der Wald hat besondere Bedeutung für den Schutz von Klima, Wasser, Luft und Boden, Tieren und Pflanzen, für die Landschaft und den Naturhaushalt“, heißt es in dem Bericht. Und dann kommt die Kritik: In Bayerns Wäldern gibt es zu viel Wild. Wildschweine und andere Tiere zerstören junge Bäume – und gefährden damit den Wald. So entstehe ein riesiger Schaden. Der Bericht kritisiert, dass die Jagdbehörden nicht ausreichend kontrollieren, ob die Abschusspläne für Wild eingehalten werden. Der Oberste Rechnungshof fordert, dass die Forstbehörden zuständig sein sollen und kritisiert: Bayern hat drei Millionen Euro für neue Bäume im Gebirge ausgegeben – zum Schutz gegen Lawinen. Weil Tiere die jungen Bäume aber gleich wieder zerstörten – „gehen diese Investitionen teilweise ins Leere“.

6 Die Schulen: Der Freistaat zahlt jährlich vier Millionen Euro dafür, dass Förderschüler in Tagesstätten untergebracht werden – obwohl er das gar nicht müsste, so der Rechnungshof. Auch erstatte der Freistaat den Kommunen im Jahr 5,5 Millionen Euro Unterbringungskosten für Schüler, „obwohl die Kommunen diese Kosten selbst hätten tragen müssen“. Beim Bau von privaten Schulen seien die Kosten viel zu hoch.

7 Die Spielbanken: Die Spielbanken in Bad Steben und Bad Kötzting machen seit ihrer Eröffnung Verluste – zusammen 6,4 Millionen Euro im Jahr 2008. Im Bericht heißt es dazu: „Spielbanken, die Verluste machen, sollten geschlossen werden.“ Auch die anderen sieben Spielbanken im Freistaat seien „überwiegend defizitär“.

8 Die Staatsbäder: Seit 1997 hat der Freistaat fast 200 Millionen Euro in seine fünf Staatsbäder gesteckt – eine Belastung für den Staatshaushalt. „Der Betrieb von Staatsbädern ist keine staatliche Aufgabe“, kritisiert der Rechnungshof. Und empfiehlt: „Der Staat sollte seine Beteiligung an den fünf Staatsbädern vollständig aufgeben.

9 Das Automobiltechnikum: 10 Millionen Euro gab der Freistaat für das Automobiltechnikum Bayern in Hof aus – offenbar 10 Millionen zu viel. In den Unternehmen können Automobilzulieferer ihre Produkte testen und Kontakte zu anderen Firmen und Forschungseinrichtungen knüpfen. Doch der Rechnungshof meldet Zweifel an: „Das ATB hat seit seiner Gründung 2003 noch nie ein auch nur annähernd ausgeglichenes Betriebsergebnis erreicht.“ Die Ursachen lägen in „der unzureichenden Kalkulation der Preise“. Der Aufruf: „Der Staat sollte sich aus dem Projekt zurückziehen.“

10 Die Polizei: Laut Polizeireform sollte die Bürokratie um 25 Prozent abgebaut werden, damit es zusätzliche 600 operative Polizisten gibt. Der Rechnungshof kritisiert: „Eine Verringerung des Verwaltungsaufwands konnte der ORH nicht feststellen.“ Und: „Nur ein Bruchteil der 600 Stellen wurde frei.“ Und somit stecken viele Millionen Euro weiter in der Polizei-Bürokratie.

Volker ter Haseborg

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