Heim zu Mama?
MÜNCHEN - Hilfe! Der böse Wähler hat unser Spielzeug kaputt gemacht - Der AZ-Aktuell-Chef Frank Müller über die Koalitionsspiele nach der NRW-Wahl
Große Koalition? Kommt drauf an! Während jeder Hauch von Rückkehr zu solider, breit angelegter Zusammenarbeit in Berlin für Freude Erwartung sorgt, sieht es auf Länderebene schon anders aus: In Nordrhein-Westfalen gibt es nach dem Erdrutsch vom Sonntag nicht den geringsten Grund für eine CDU-SPD-Regierung. Das Land ist in keiner Notlage, andere Bündnisvarianten gibt es zuhauf. Kein Grund also für Politiker aller Couleur, schreiend heim zu Mama zu laufen und beleidigt nach der großen Koalition zu rufen, weil der böse Wähler gerade das Lieblingsspielzeug kaputt gemacht hat.
Anders herum wird was draus: Das spannende Wahlergebnis fordert Kreativität und Experimentierfreude. Wer sie unter Beweis stellt, ob es nun mit einer Ampel ist, mit Jamaika oder Rot-Rot-Grün, der wird auch langfristig den Wähler gewinnen. Ohnehin sind Landesparlamente der falsche Spielplatz für vermeintliche Großstrategen, die ach so gerne den politischen Strippenzieher spielen. In die Länder gehört die Sachpolitik, dafür sind sie da.
Das sieht auf Bundesebene etwas anders aus. Je härter die internationalen Krisen zuschlagen, desto mehr wünschen sich viele die große Koalition zurück. Mit Recht: Deutschland wurde unter dem Duo Merkel/Steinmeier um Klassen besser regiert als jetzt. Dass nun die große Koalition zumindest durch die Hintertür zurückkehrt, weil die NRW-Wahl den Bundesrat umstürzt, ist ein gutes Zeichen. Es wirkt schon am Tag eins: Endlich ist das Steuersenkungs-Gemurkse vorbei.
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