Handy-Abzocke in den Alpen

Österreich-Urlauber zahlen horrende Preise für Kurznachrichten und Telefonate. Das soll auch so bleiben, finden die ansässigen Mobilfunkbetreiber. Mit aller Macht wehren sie sich gegen die EU, die die Gebühren senken will.
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Wer eine SMS von Österreich nach Deutschland schickt, muss kräftig zahlen.
Ronald Zimmermann Wer eine SMS von Österreich nach Deutschland schickt, muss kräftig zahlen.

MÜNCHEN - Österreich-Urlauber zahlen horrende Preise für Kurznachrichten und Telefonate. Das soll auch so bleiben, finden die ansässigen Mobilfunkbetreiber. Mit aller Macht wehren sie sich gegen die EU, die die Gebühren senken will.

Eine SMS kostet Mobilfunk-Unternehmen nur den Bruchteil eines Cents. Für Kurznachrichten aus dem Ausland betragen die Kosten etwas mehr als einen Cent. Deutsche, die von Österreich aus SMS in die Heimat schicken, zahlen mehr als das 40-Fache: 46 Cent. Zum Vergleich: Österreicher, die von Deutschland aus nach Hause simsen, zahlen 25 Cent.

Um die Abzocke der österreichischen Mobilfunkanbieter zu stoppen, will die Europäische Union jetzt europaweit die Roaming-Gebühren senken. Die Entgelte fallen an, wenn deutsche Anbieter im Ausland die Handy-Netze der Konkurrenz nutzen müssen.

Doch die Österreicher wollen nicht mitmachen. Die Mobilfunk-Manager feilschen um jeden Cent. Die zuständige EU-Kommissarin ist sauer - auch die bayerische Verbraucherministerin Beate Merk spricht von „Abzocke“.

Die Bayern sind von der Abzocke in den Alpen besonders betroffen. Von den zehn Millionen Deutschen, die jährlich im Nachbarland Urlaub machen, kommen die meisten aus dem Freistaat: drei Millionen. Derzeit pilgern täglich Tausende über die Grenze zum Skifahren.

Rückblick: Im September verkündete EU-Kommissarin Viviane Reding, zuständig für Kommunikation, dass SMS-Nachrichten zwischen Ländern der EU ab dem 1. Juli 2009 nicht mehr als elf Cent kosten sollen. Auch Telefonate aus dem Ausland sind Reding zu teuer: Ab 2012 soll der Minutenpreis EU-weit nicht höher sein als 34 Cent. Wer einen Anruf entgegennimmt, soll nicht mehr als zehn Cent pro Minute zahlen müssen. Im Moment zahlen Deutsche in Österreich noch bis zu 54 Cent pro Minute, wenn sie anrufen – und 26 Cent, wenn sie angerufen werden.

Der Marktführer will das Handy-Netz in Touristengebieten nicht ausbauen

Obwohl auch deutsche Mobilfunkanbieter die Regulierung nicht bejubeln, ist der Widerstand in Österreich besonders groß: „Als Tourismusland ist Österreich von den EU-Roaming-Regulierungen im Mobilfunkbereich besonders betroffen“, meckert Florian Niedersüß vom österreichischen Mobilfunk-Marktführer Mobilkom (A1). Im Mobilfunk sei „keine Regulierung notwendig“. Das Roaming-Geschäft mache mehr als zehn Prozent des Gesamtgeschäfts aus. Und er droht: Wenn die EU die Gebühren senkt, dann wird das Handy-Netz in Touristen-Gebieten weniger ausgebaut. Kein Anschluss unter dieser Nummer! Wenn schon Regulierung, dann bitte auf die österreichische Art: 15 Cent pro SMS müssen schon sein, fordert Niedersüß. Und er befiehlt den österreichischen EU-Parlamentariern, gegen die Roaming-Regulierung mobil zu machen.

„Die Kommission ist zuversichtlich, dass die geplante Reduzierung der SMS- und Datenroaming-Entgelte wie vorgesehen zum 1. Juli 2009 in Kraft treten wird“, lässt EU-Kommissarin Viviane Reding erklären. Bayerns Verbraucherministerin Beate Merk unterstützt die EU: „Vor allem beim Versenden von SMS und dem Herunterladen von Daten mit dem Handy im Ausland sind die Preise deutlich überhöht und lassen sich durch die tatsächlichen Kosten nicht rechtfertigen“, sagt sie der AZ. Eine solche Gebührenfalle wie in Österreich aber auch in anderen EU-Ländern könne nur mit einer gesetzlichen Höchstgrenze aus der Welt geschaffen werden. „Und diese Höchstgrenzen müssen angemessen sein, um bayerische Touristen und Geschäftsleute vor einer Abzocke zu schützen.“

Thomas Meyer vom Verbraucherportal Tariftip.de ist empört über die Blockade-Haltung der österreichischen Anbieter. „Die Unternehmen werden auch dann noch genug Gewinne einfahren, wenn sich die EU-Kommission mit ihren Plänen durchsetzen sollte“, sagt er. Die Drohung, nicht mehr in den Netz-Ausbau zu investieren, sei „grober Unfug, denn sie richtet sich auch gegen die eigenen Kunden, die in den betroffenen Gebieten keine akzeptable Netzqualität vorfinden.“

In wenigen Wochen muss das EU-Parlament die Senkung der Roaming-Gebühren absegnen. Bis dahin werden die österreichischen Handy-Manager keine Ruhe geben.

Volker ter Haseborg

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