Guerrillas auf See
Die Beute war früher unter Wasser, jetzt schwimmt sie vorbei: Matthias Maus, Chefreporter der AZ, über die Ursachen der Piraterie
Scheint alles ganz einfach. Schickt ein paar Kanonenboote, versenkt die Banditen und a Ruah is! Doch so einfach, wie man es sich vorstellen mag vom Festlandssockel, ist gar nichts mit den Piraten vor Afrika, und schon gar nicht ist das alles mit Militär zu machen. Das Problem betrifft die ganzeWelt, und eine Lösung ist so schwierig wie die Ursachen tief.
Die Seeräuber, die tatsächlich in der Lage scheinen, die Handelsströme um einen ganzen Kontinent herumzuleiten, sind klassische Produkte von Armut und dem Desinteresse, das dieWelt für Afrika zeigt. Als Anfang der Neunziger Somalia zerfiel, da war das Entsetzen begrenzt. Es gab dort kein Öl und nichts zu holen.
Nichts lässt politische Aufmerksamkeit schneller erlahmen. Seit sich Bill Clintons Truppen 1993 wie geprügelte Hunde aus Mogadischu zurückzogen, sind die Hungernden den Clans und dem Terror überlassen. Und dass keine Küstenwache die Meere kontrollierte, freut die gierigen Fangflotten der Europäer, die nicht genug Fischstäbchen und Shrimps bekommen können.
Die Fische sind weg, aber die Fischer sind noch da, und sie wollen ihre Familien weiter ernähren. Und sie nehmen dieWaffen, die es an Land im Überfluss gibt, mit auf See. Die Beute, die unterWasser ausblieb, gibt es jetzt darüber. Die Piraten haben gelernt, wie man sich versteckt, wie man schnell zuschlägt und wie man schnell verschwindet. Jetzt droht der Guerrilla-Krieg auf See. Und es ist keineswegs so sicher, dass die Kriegsschiffe ihn gewinnen. Not ist eine prima Motivation.
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