Großbank HSBC half Steuersündern aus aller Welt
London - Strafen und Steuernachzahlungen in Höhe von einer Milliarde Euro seien bereits bei Steuerbehörden in nur zwölf von Dutzenden betroffener Länder eingegangen, berichteten "Süddeutsche Zeitung" sowie die Sender NDR und WDR nach der Auswertung Tausender vertraulicher Dokumente.
HSBC, die größte Bank Europas, räumte die Vorwürfe de facto ein. "Die Schweizer Privatbank der HSBC hat 2008 eine radikale Transformation begonnen, um seine Dienstleistungen davor zu bewahren, zur Steuervermeidung oder zur Geldwäsche genutzt zu werden", sagte Franco Morra, der Vorstandschef der Schweizer Sparte in einem Statement. Die Konten von Steuersündern seien geschlossen worden, die Bank konzentriere sich nun auf besonders vertrauenswürdige Kundschaft. Dieser Reformschritt habe dazu geführt, dass 70 Prozent aller Konten dichtgemacht wurden, räumte die Bank ein. Konten von US-Bürgern seien 2010 komplett abgeschafft worden.
Unklar ist, wer die Steuersünder waren und wie viele davon aus Deutschland kommen. Das Bundesfinanzministerium erklärte, die Daten seien an die zuständigen Finanzämter weitergeleitet worden. Die Daten der Schweizer HSBC-Tochter hatte die französische Polizei 2009 bei einem ehemaligen Mitarbeiter der Bank beschlagnahmt. Von 3000 Konten seien nur sechs dem Finanzamt bekannt gewesen, berichtete der NDR.
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Die Bank hatte im Jahr 2007 nach eigenen Angaben mehr als 30 000 Konten von Kunden aus mehr als 150 Ländern mit Einlagen von mehr als 118 Milliarden Dollar. Nach Medienrecherchen sollen unter den Kunden Verwandte und Regierungsmitglieder von Autokraten wie Ägyptens Ex-Herrscher Hosni Mubarak und Syriens Präsident Baschar al-Assad sein. Außerdem sollen Waffenhändler und Kriminelle ihr Geld bei dem Institut angelegt haben. Die Zahl der Konten sei inzwischen auf 10 000 aus nur noch 50 Ländern reduziert worden, die Einlagen betrügen nur noch 68 Milliarden Dollar, teilte die Bank weiter mit.
Die HSBC habe aufgeräumt, bestätigte auch die Schweizer Bankenaufsicht (Finma). "Das Geschäftsgebaren der HSBC hat sich klar verändert", sagte ein Finma-Sprecher. Drei umfassende Verfahren zur Geldwäsche und zur IT-Sicherheit seien inzwischen abgeschlossen. Aktuell gebe es keinen Anlass mehr zu einem Verdacht. Die Schweiz hat seit einigen Jahren unter internationalem Druck wesentlich striktere Regeln zum Beispiel bei der Überprüfung der Herkunft von Geldern.
Weltweit brechen für Schwarzgeldbesitzer, die ihr im Ausland gebunkertes Vermögen vor dem Fiskus verbergen, schwere Zeiten an. Denn das Ende des Bankgeheimnisses ist eingeläutet worden. Mehr als 50 Länder haben sich bereits per Abkommen verpflichtet, sich von Herbst 2017 an gegenseitig über Auslandskonten von Privatpersonen zu informieren, weitere wollten am automatischen Informationsaustausch teilnehmen. Für Steuerbehörden soll es damit einfacher werden, Geldströme ins Ausland zu kontrollieren und so Steuerflucht weiter einzudämmen. 58 Staaten wollen damit im Jahr 2017 beginnen, 34 weitere ein Jahr später. Dabei sind schon jetzt wichtige Finanzzentren wie Liechtenstein, Singapur sowie Karibik- und Kanalinseln. Die Schweiz will ebenfalls mitziehen.
HSBC, die zweitgrößte Bank der Welt, erklärte weiter, sie arbeite bei der Aufarbeitung voll mit den Behörden zusammen. Die gegenwärtige Praxis der Bank und ihres neu eingesetzten Managements gehen sogar über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. "Wir haben keine Lust mehr auf Geschäfte mit Kunden oder potenziellen Kunden, die nicht unsere Standards erfüllen", sagte Morra und fügte hinzu: "Diese Enthüllungen über frühere Geschäftspraktiken sind eine Erinnerung, dass das alte Schweizer Geschäftsmodell des Private Bankings nicht länger akzeptabel ist." Die Bank wies aber auch daraufhin, dass es sich um gestohlenes Datenmaterial handele. Es gebe auch Hinweise, dass es manipuliert worden sein könnte.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) forderte die Politik auf, zu handeln. Das Geschäftsmodell vieler Banken, bei Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder Steuerhinterziehung zu helfen, müsse endlich ein Ende haben. "Wenn es ihnen nachgewiesen wird, muss knallhart ein Geschäftsverbot drohen", forderte Sebastian Fiedler, stellvertretender Bundesvorsitzender des BDK. Solche Unternehmen hätten am deutschen Markt nichts verloren. Hierfür benötige Deutschland dringend ein Unternehmensstrafrecht, das es in den europäischen Nachbarländern schon gebe.