Griechenland-Krise: So schlimm wie Lehman?

Die Griechenland-Krise lässt die Weltbörsen taumeln, ähnlich wie in der Finanzkrise. Die AZ erklärt, was das für deutsche Unternehmen, die Steuerzahler und die Anleger bedeutet.
von  Abendzeitung
Handelsräume der New Yorker Börse
Handelsräume der New Yorker Börse © dpa

Die Griechenland-Krise lässt die Weltbörsen taumeln, ähnlich wie in der Finanzkrise. Die AZ erklärt, was das für deutsche Unternehmen, die Steuerzahler und die Anleger bedeutet.

Irgendwie kommen uns diese Bilder bekannt vor: Börsenhändler sitzen mit finsteren Mienen vor Kurven und Pfeilen, und alle zeigen nur in eine Richtung: nach unten. Experten vergleichen die Krise Griechenlands bereits mit der Pleite der New Yorker Bank Lehman Brothers im September 2008. Lehman hatte unzählige andere Banken mit in die Tiefe gerissen und die schlimmste Finanz- und Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Die Folge: Konjunktureinbruch, Kurzarbeit, Rekordverschuldung.

Was bedeutet Griechenlands Krise für uns? Die Finanzmärkte sind hoch nervös. Weltweit sind die Aktienmärkte eingebrochen. Der Dax verlor kurzzeitig 2,13 Prozent. Der Euro fiel erstmals seit 2009 unter die Marke von 1,32 Dollar.

Das ist ein Teufelskreis: Durch die Panik an den Märkten werden Griechenland-Anleihen immer teurer, die Chance für das Land, seine Schulden irgendwann zurückzahlen zu können, immer geringer. Deutschland will dem Staat bisher mit 8,5 Milliarden unter die Arme greifen. Sehr wahrscheinlich sehen wir dieses Geld nicht wieder. Griechenland hat so viele Schulden, dass eine einmalige Hilfe nicht reichen wird. Tatsächlich stehen im Gesetzentwurf Hilfen bis zum Jahr 2012.

Werden wir das konkret merken? Ja – zum Beispiel an der Zapfsäule. Durch den schwachen Euro werden zwar Exporte billiger, was der Wirtschaft hilft. Einfuhren, zum Beispiel von Benzin, werden dagegen teurer: Super kostet laut ADAC derzeit1,45 Euro. Derweil setzten die Börseneinbrüche auch den Ölpreis unter Druck, er fiel von 87 auf 82,24 Dollar pro Barrel. Und das, wo sich die Weltwirtschaft gerade wieder erholt. Und ob es jetzt noch zu den von Union und FDP versprochenen 16 Milliarden Euro Steuerentlastungen kommt, das steht ebenfalls in den Sternen.

Sind auch Sparer betroffen? Die Krise trifft auch deutsche Rentenfonds. Denn viele haben das Geld nicht nur in deutsche Staatsanleihen, sondern in Papiere der ganzen Eurozone investiert. Bei so genannten Indexfonds, die das komplette Angebot abbilden, beträgt der Anteil Griechenlands zwar nur knapp fünf Prozent. Das Problem sind Anleihen anderer Länder, deren Bonität ebenfalls auf der Kippe steht: Italien stellt darin 20 Prozent der Anleihen, Spanien zehn und Portugal und Irland über zwei Prozent. Insgesamt haben diese Fonds seit Anfang April rund zwei Prozent an Wert verloren. Aktiv verwaltete Rentenfonds, bei denen Fondsmanager die Gewichtung selbst festlegen, haben teilweise noch höhere Anteile wackeliger Staatsanleihen.

Kann man die Banken in die Pflicht nehmen? Parteiübergreifend fordern viele Politiker: Die Anleger – meistens Banken – sollen auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Sogar die Deutsche Bank hat sich dafür ausgesprochen. Damit werden diejenigen zur Kasse gebeten, die vorher hohe Zinsen kassiert haben. Sie sind das Risiko eingegangen und müssen es jetzt halt auch tragen. Nur, ganz so leicht ist es nicht.

Denn nach der Finanzkrise wurden viele Banken verstaatlicht – hängen aber mit Riesensummen in Griechenland drin. Die Hypo-Real-Estate zum Beispiel, mühsam vom Steuerzahler gerettet, hat für 7,9 Milliarden Euro griechische Anleihen gekauft. Bei der Commerzbank sind es etwa drei Milliarden, und auch Landesbanken sind involviert: Die BayernLB soll angeblich rund 300 Millionen Euro investiert haben. Würden die Banken ihre Forderungen abschreiben, zahlt das indirekt also auch der Steuerzahler. Erst recht, wenn die Banken wieder in Schieflage geraten. Finanzminister Schäuble bekräftigte gestern, Banken sollen nicht beteiligt werden.

Weitet sich die Krise noch aus? Das ist zu befürchten: Die Ratingagentur Standard & Poor’s stufte auch Portugal ab, von A+ auf A-. Damit ist das ärmste Land Westeuropas nur noch vier Stufen von der Ramschkategorie BB+/B entfernt, in die jetzt Griechenland abgewertet wurde. Portugiesische Anleihen gelten inzwischen als unsicherer als die von Guatemala und Libanon. Portugal ist nicht der einzige Pleitekandidat: Hoch verschuldet sind auch Spanien, Italien und Irland.

Annette Zoch

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