"Grexit": Das würde er für Touristen bedeuten
Berlin, Athen - Auch ein politisch desinteressierter Urlauber wird es mitbekommen haben: Um Griechenland steht es nicht gut, dem Land droht der Staatsbankrott. Die Politiker wollen das verhindern, sind sich aber nicht einig – die Erfolgsaussichten bleiben ungewiss. Verlässt Griechenland die Eurozone? Kehrt die Drachme zurück? Das kann derzeit niemand beantworten. Die AZ zeigt, was ein „Grexit“ bedeuten könnte:
Pauschaltouristen: Käme es tatsächlich zu einem Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone, wären die Auswirkungen für Pauschaltouristen wohl eher gering. Urlauber, die bei einem Veranstalter gebucht haben, hätten keine Konsequenzen zu fürchten, sagt der Tourismusexperte Prof. Volker Böttcher von der Hochschule Harz in Wernigerode. „Urlaubern entsteht dadurch kein Nachteil.“
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Flüge und Hotels seien bereits in Euro abgerechnet. Touristen können also damit rechnen, dass die Leistungen entsprechend erbracht werden. Die großen Reiseveranstalter geben sich ebenfalls unaufgeregt: „Für die Reiseverträge und das Urlaubserlebnis in diesem Jahr hätte das keine Auswirkungen“, sagt Christian Schmicke, Sprecher bei Thomas Cook. „Die Leistungsverträge mit den griechischen Hoteliers wurden schon vor längerer Zeit abgeschlossen. Die Preise stehen fest.“
Das ist auch bei der Tui so: Ein Verlassen der Eurozone hätte für die Gäste keine Auswirkungen auf die gebuchten Reisebedingungen, heißt es dort. „Die veröffentlichten Preise gelten weiterhin.“
Individualtouristen: Anders sieht’s für die aus, die ihre Reisebausteine wie Flüge und Hotels eigenhändig buchen. Müssen sie eine Übernachtung auf einmal mit Drachmen zahlen? „Was genau passieren wird, weiß keiner“, sagt Böttcher. Der Experte rechnet aber damit, dass es im Fall der Fälle eine Übergangsregelung geben wird, bei der Euro und Drachme parallel akzeptiert werden. „Es ist unrealistisch, dass Urlauber mit ihren Euros plötzlich nichts mehr bezahlen können.“
Von diesem Szenario geht man auch bei Thomas Cook aus: „Selbst wenn Griechenland als Parallelwährung wieder die Drachme einführt, könnten Urlauber in dem Land vermutlich erst einmal weiter mit Euro bezahlen, wenn sie das wollen“, sagt Christian Schmicke.
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Drachme-Vorteile: Tatsächlich ziehen deutsche Urlauber womöglich sogar einen Vorteil aus der Währungsumstellung. Denn Griechenlands neue Drachme würde im Vergleich zum Euro vermutlich abgewertet – und die Kaufkraft des Euro steigen.
„Wenn Gäste in Drachmen bezahlen könnten, würden sie sogar weniger ausgeben“, erklärt der Thomas-Cook-Sprecher. Ob eine günstige Drachme dem Tourismus einen Aufschwung bringen würde, darf angezweifelt werden: „Ich rechne mit einer Zurückhaltung bei den Urlaubern“, sagt Experte Böttcher.
Die Situation sei im Moment sehr ungewiss – und das verträgt sich nun mal nicht mit der Sehnsucht nach einer stressfreien Urlaubszeit. Dass der Streit um die drohende Staatspleite nicht gerade Werbung für Griechenland ist, dessen scheint sich Andreas Andreadis bewusst. Er ist Chef des griechischen Verbandes der Tourismusunternehmen und twitterte am Montag, ein Ausstieg seines Landes aus dem Euro sei „absoluter Irrsinn“.
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