Grenzenlos naiv
Eine Pauschale wäre der größtmögliche ökologische Unfug - AZ-Redakteurin Anja Timmermann über die Maut-Debatte.
Da hätte man drauf wetten können: Kaum hat die CSU das Verkehrsministerium, bringt sie mal wieder ihre Idee mit der Pkw-Maut auf. Eine „überwältigende Mehrheit“ der Bayern sei dafür, sagt Ramsauer – die letzte (bundesweite) Umfrage ermittelte 36 Prozent Befürworter. Wer hätte gedacht, dass das mal der CSU als „überwältigende Mehrheit“ gilt.
Ein wenig vorder- wie hintergründigen Charme hat die Idee, wenn sie tatsächlich so käme, dass jeder gefahrene Autobahn-Kilometer abgerechnet wird: Vordergründig, weil dann auch die ausländischen Autofahrer beteiligt werden; hintergründig, weil bei einer eventuellen Senkung der Kfz-Steuer weniger das Besitzen eines Autos belastet wird als das tatsächliche Fahren.
Doch die Nachteile überwiegen bei weitem. Erstens: Die CSU will mit den Einnahmen gleichzeitig die Sprit- und die Kfz-Steuer senken. Vielleicht auch die nächste Mondmission finanzieren? Eine 120-Euro-Vignette reicht gerade mal, die Spritpreise um vier Cent zu senken. Vorausgesetzt, man ist so grenzenlos naiv zu glauben, die Ölkonzerne würden ihre Entlastung centgenau weitergeben, und zwar für Jahre. Zweitens: Mittelfristig ist die kilometergenaue Maut kaum machbar, bis dahin gäbe es eine Pauschale. Und die ist ökologisch der größtmögliche Unfug: Sie belohnt Spritfresser und Vielfahrer; sie bestraft alle, die auf sparsame Autos umsteigen und mal die Bahn nehmen. Dabei gibt es ein Instrument, das passgenau jene Faktoren belohnt und bestraft, wie viel und wie jemand unterwegs ist: Es heißt Mineralölsteuer und ist das geltende Recht.