Google nonstop
SAN FRANCISCO Sie kostet 1500 Dollar, ist nur mäßig elegant, doch die Warteliste der Interessenten für eine Google Glass-Brille ist lang. Fernsehsender, soziale Netzwerke wie Facebook und Softwarehäuser können es kaum erwarten, die Möglichkeiten der Cyberbrille auszureizen.
Trotz ihres Namens fehlen ihr die wichtigsten Bestandteile einer herkömmlichen Brille, die Gläser. Über ein Prisma, das am Bügel befestigt ist, werden dem Nutzer Bilder oder Textnachrichten direkt auf die Netzhaut projiziert. Der Nutzer kann beispielsweise wählen, dass er wichtige Sportergebnisse sofort sieht – oder aber, im Supermarkt, den Einkaufszettel, den er zuhause am Rechner zusammengestellt hat. Per Knopfdruck am Bügel kann der Nutzer eine Kamera aktivieren und die Fotos sofort mit seinen Facebook-Freunden teilen oder bei Twitter reinstellen.
Mit einer Kopfbewegung in den Nacken wird Google Glass aus dem Schlaf erweckt. Bestimmte Informationen wie Wettervorhersagen oder Navigationsanweisungen werden dem Anwender ins Ohr geflüstert, genauer gesagt, über den Schädelknochen übertragen.
Braucht der Mensch diese Anwendungen? Die Antwort darauf fällt je nach Nutzer unterschiedlich aus – Google hat sie schon mal bejaht. Überhaupt scheint der Konzern wild entschlossen, sein Geld in Zukunft nicht mehr unbedingt als Suchmaschinenbetreiber, sondern als omnipotenter Dienstleister für den Alltag zu verdienen.
Viele neuen Anwendungen, die Google jetzt auf seiner Entwicklerkonferenz vorstellte, sind keine bahnbrechenden Neuerungen, sondern Weiterentwicklungen von Ideen, die bereits auf dem Markt sind: Beispielsweise eine neue Musikplattform, die die Nutzer für 9,99 Dollar im Monat abonnieren können. Oder eine Verknüpfung von Daten öffentlicher Bahn- und Busbetreiber mit der Spracheingabe auf dem Smartphone. Das Handy soll den Nutzer nicht nur verstehen, wenn der nach der nächsten Zugverbindung von München nach Nürnberg fragt, es soll sich auch gleich bei der Bahn einloggen, Ticketpreise abfragen und bei Bedarf buchen können.
Auf die Idee, möglichst viele Daten 24 Stunden am Tag zusammenzuführen, sind die großen anderen Internet-Anbiete freilich auch schon gekommen. Facebook würde gerne den Kartendienst Waze kaufen, bei dem sich Autofahrer gegenseitig unter anderem über Staus informieren können. Ein Alarmsignal für Google, dessen Kartendienst Maps zwar auch vom Wissen sämtlicher Nutzer profitiert, aber noch Schwachpunkte bei der Routenführung aufweist. Google Maps wird jetzt aufgerüstet – genauso wie Google Plus, das von Facebook in weiten Teilen der Rede schmählich abgehängt wurde.