Google-Chef Eric Schmidt: Der Netz-Messias
Lobet das Internet: Google-Chef Eric Schmidt spricht in München auf der „Digital, Life, Design“-Konferenz über die Zukunft, preist Smartphones und wird vielleicht bald Showmaster.
MÜNCHEN Eine halbe Stunde lang war München gestern der hippste Ort der Welt. Die große Party der „Digital, Life, Design“-Konferenz war längst vorbei und Popsternchen Duffy wahrscheinlich längst im Flieger (siehe S. 30), als der wahre Star die Bühne betritt: Google-Chef Eric Schmidt.
Applaus für den Mann, der mit runder Brille à la Bill Gates und schwarzem Anzug nicht so sehr den hemdsärmeligen Hipster-Ikonen Steve Jobs und Facebook-Erfinder Mark Zuckerberg entspricht. Trotzdem: keine Zeit für den DJ im Foyer, der 90er-Jahre-Alternative-Musik auflegt, Smartphone-Smalltalk (auf der von Burda veranstalteten DLD war die iPhone-Dichte zumindest gefühlt höher als in der Apple-Zentrale) und Cappuccino mit Sojamilch.
Schließlich referiert der 55-Jährige über nichts Geringeres als die Zukunft des Internets, wenn auch außerordentlich routiniert.
„Die Internet-Suche wird weiter sehr wichtig bleiben“, sagt Schmidt, und, dass Geräte wie Handys oder MP3-Player ohne Internetanschluss uninteressant seien. In zwei Jahren werde der Verkauf von Smartphones den Absatz von PCs überholt haben, prognostiziert er. Auch das „Cloud Computing“ werde interessant bleiben – also das Geschäft mit Online-Datenspeichern.
Dann lobt der scheidende Google-Chef, der im April von Google-Erfinder Larry Page abgelöst wird, aber im Aufsichtsrat bleibt, noch sein Unternehmen. Googles Ziel sei, durch immer schnellere Suchfunktionen den Menschen ihre Zeit zurückzugeben. Auf die Gewohnheiten und Bedürfnisse des Users zugeschnittene Empfehlungen würden das Internet persönlicher machen – „aber nur mit dem Einverständnis des Nutzers“, ein Satz, der sich wie ein Running Gag durch seine Rede zieht.
Der Schutz der persönlichen Daten und die Furcht vor Überwachung treibt im Moment die Netzgemeinde um, Schmidt weiß das natürlich. Er preist die Vorzüge: „Wenn ich durch München laufe, ist mein Smartphone der perfekte Begleiter. Es ist ein Drama der Gegenwart, dass man einfach nicht mehr verloren gehen kann“, sagt Schmidt. Selbst wenn der Mensch alles vergessen sollte, das Internet werde sich erinnern.
Zum Schluss driftet Schmidt arg ins Pathos: Dank Diensten wie Facebook, über die man mit Freunden kommunizieren und Bilder austauschen kann, wären die Menschen nie mehr einsam. Keiner müsse sich mehr langweilen, weil man sich mit Internetsurfen, Videos und Spielen die Zeit vertreiben könnte. Computergesteuerte Autos, vom Fahrer nur noch überwacht, würden den Straßenverkehr sicherer machen und Leben retten. „Das Ziel der Zukunft muss sein, Gutes zu tun.“
„Das Internet ist nicht am Ende, es steht erst am Beginn“, postuliert Schmidt und schreitet in Showmaster-Manier die Bühne auf und ab. Das passt: Angeblich werkelt er schon an einer Karriere als Talkmaster. In der US-Presse kursieren bereits Namensvorschläge für das Format: „Holy Schmidt!“ oder „Schmidt Happens“.
C. Landsgesell
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