Geteilter Auto-Himmel: Im Ausland top, im Inland hakt's
MÜNCHEN - Während der Absatz im Ausland blendend läuft, müssen die Konzerne im Inland nach Kräften tricksen, um die Kunden bei Laune zu halten. Sonderaktionen und Rabatten sollen derweil die heimische Nachfrage ankurbeln.
Wer sich zurzeit einen Audi A3 bestellt, muss gute Nerven haben oder ein echter Fan des Modells sein. Unter fünf Monaten Wartezeit kommt der Kunde kaum davon – unangenehmer Nebeneffekt eines höchst angenehmen Booms für den Ingolstädter Hersteller. „Derzeit verzeichnen wir den höchsten Auftragsbestand aller Zeiten“, heißt es dort.
Rekordzahlen auch bei den anderen Herstellern. So rasant, wie die Autobranche in die Krise hineingefahren ist, so schnell erholte sie sich jetzt wieder. BMW verdiente allein in den ersten neun Monaten des Jahres unterm Strich rund zwei Milliarden Euro, Daimler 3,5 Milliarden Euro, Volkswagen gut vier Milliarden Euro. Weltweit werden heuer wohl rund 60 Millionen Autos verkauft.
Hilfe aus Asien. Ihre Rettung verdanken die deutschen Hersteller vor allem China. Die Verkäufe in dem explodierenden Markt wachsen 2010 voraussichtlich um fast 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr, berichtet der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Alle Autofirmen planen oder bauen neue Werke in China, um mit der Nachfrage Schritt zu halten. VW hat neun Werke in China, BMW baut dort gerade sein zweites Werk.
Um vom chinesischen Boom zu profitieren, nehmen die Hersteller die Abhängigkeit von Peking in Kauf. Die kommunistische Partei erlaubt neue Werke und Importe nur, wenn die Hersteller mit chinesischen Firmen zusammenarbeiten. Das Risiko: Nach ein paar Jahren könnten die Chinesen die Kooperation aufkündigen und das westliche Know-How in eigenen Firmen umsetzen. So schnell, wie die Deutschen im chinesischen Markt drin waren, wären sie dann auch wieder draußen. Er halte es für verkehrt, zu sehr auf den chinesischen Markt zu setzen, sagt BMW-Vorstandschef Norbert Reithofer – scheint bei solchen Äußerungen Skepsis bezüglich der Perspektiven in Asien durch?
Unwillige Kunden in Deutschland. Vollkommen andere Fragen beschäftigten die deutschen Autobosse in ihrem Heimatmarkt. In Deutschland müssen die Händler die Kunden zum Teil mit massiven Sonderaktionen und Rabatten umwerben, damit überhaupt etwas läuft. Mit eine Ursache dafür ist die Abwrackprämie. Sie brachte 2009 viele Menschen dazu, sich ein Auto zuzulegen. Jetzt ist der Bedarf für diese Familien erst einmal gedeckt.
Aus neu mach’ alt. Um den Markt in Deutschland zu reanimieren, tricksen die Konzerne nach Kräften. Die Hersteller und die Händler gewähren Rabatte und attraktive Finanzierungs-Lösungen. Und sie melden fabrikneue Autos bei den Zulassungsstellen an. Schon nach einem Tag gilt der Wagen als gebraucht und kann mit entsprechenden Preisnachlässen verscherbelt werden. Darauf springen vor allem private Verbraucher an.
Für Firmen stricken die Hersteller attraktive Leasing-Modelle, bei denen ein Neuer vermietet und nach wenigen Jahren zurückgenommen wird. Das Risiko bei diesem Verkaufs-Hokuspokus: Das Angebot an Gebrauchtwagen steigt, dadurch geraten die Preise unter Druck. Die Hersteller bleiben, wenn sie die Leasingautos zurücknehmen, auf den gebrauchten Autos sitzen oder können sie nur mit Verlust losschlagen.
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