Genug!
„No, we can’t“ - die deutsche Pessimismus-Formel. Georg Thanscheidt über den Umgang mit der Krise.
Frau Merkel hat bekanntlich ihre eigene Art, die Bürger auf schlechte Tage einzustimmen. Zum Beispiel durch die sprachlich brillante Ankündigung, die Bundesregierung werde über das Jahr 2009 eine Brücke bauen, damit es 2010 wieder bergauf gehe. Wer nicht schon eine Krise hatte, bekommt angesichts dieser Brückenschlag-Bergauf-Metaphorik sicherlich eine. Oder er nimmt sich gleich ein ganzes Brücken-Jahr – Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ja jetzt in einer weihnachtlichen Video-Botschaft ultimativ gefordert: „Spannen Sie aus, schöpfen Sie Kraft“.
Da ist er wieder: der Weltschmerz. Die urdeutsche Gewissheit, dass alles noch viel schlimmer kommt. Die einem den wunderbaren „Ich-habe-es– doch-schon-immer-gesagt“-Status gibt, wenn es wirklich mal richtig bergab geht.
Die Kanzlerin spricht nicht von Weltschmerz, dem schönen Begriff des bayerischen Dichters Jean Paul. Sie wählt statt des Germanismus’ den Anglizismus „Herausforderung“. Alles, was für den Deutschen ein Problem ist, nennt der US-Amerikaner Herausforderung. Das ist die Wurzel des „Yes-we-can“-Optimismus’ eines Barack Obama. Der Deutsche stellt sich naturgemäß der Herausforderung, die ihm ebenso natürlich zur Herkulesaufgabe gerät. Das ist die Wurzel des „No we can’t“-Pessimismus’ der deutschen Kanzlerin.
Auch für uns Medien-Macher sind oft nur schlechte Nachrichten gute Nachrichten. Davon haben wir nun genug – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Sicher wird nicht alles gut. Aber, um erneut einen Kanzler zu zitieren, vielleicht vieles besser.
Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der AZ
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