Genie und Wahnsinn
Eigentlich ist mein Sohn Simon ein fröhlicher Bub und geht auch einigermaßen gern in die Schule. Doch seit mehr als ein paar Wochen ist er vor allem eins – ein gestresster Viertklässler - Wolf Hertkorn über den Unsinn der Übertrittszeugnisse.
Eigentlich ist mein Sohn Simon ein fröhlicher Bub und geht auch einigermaßen gern in die Schule. Doch seit mehr als ein paar Wochen ist er vor allem eins – ein gestresster Viertklässler. Denn heute gibt es das umstrittene Übertrittszeugnis für Realschule oder Gymnasium.
Simon möchte doch so gern die teilweise hoch gesteckten Erwartungen seiner Eltern, Großeltern, Freunde und sonstiger wichtiger Bezugspersonen erfüllen. Auch er selbst würde gern aufs Gymnasium gehen. Aber nun ist er sich nicht mehr so ganz sicher, ob die Noten reichen. Und gerade ich habe immer wieder versucht, ihm klar zu machen, dass Noten bestimmt nicht das Wichtigste im Leben sind. Man kennt ja die einschlägigen Geschichten vom Sitzenbleiber Einstein, aus dem später ein Genie wurde.
Seit geraumer Zeit wissen also vernünftige Menschen, Wissenschaftler, ja sogar Politiker, dass Druck die Entfaltung einer Persönlichkeit keinesfalls positiv beeinflusst. Und dass Noten in diesem frühen Entwicklungsstadium so gut wie gar nichts über die tatsächlichen Talente aussagen. Dennoch hält das Bildungssystem (wer immer das auch ist – jedenfalls will gerade nur Spaenle verantwortlich sein) an den überholten Empfehlungen fest – wider besseres Wissen und trotz massiver Kritik auch von Lehrern. Schon nächstes Jahr soll dann wieder alles anders und natürlich besser werden. Das glaube ich angesichts meiner Erfahrungen mit Bildungspolitik nicht. Aber selbst wenn: Was würde es Simon nützen, wenn er heute den Erwartungen nicht gerecht wird?